Bericht über die 18. öffentliche Sitzung der BVV Neukölln

Entschließung: Verurteilung der Schändung des Mahnmals für Burak Bektaş

Wieder einmal bestimmte ein trauriger Anlass den Beginn der BVV-Sitzung: Nur wenige Tage nach seiner Einweihung wurde auf das Mahnmal für den mutmaßlich von Rechten ermordeten Burak Bektaş ein Anschlag verübt. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass die Täter auch diesmal vom rechten Rand stammen. Bereits am 21. April hatten mehr als tausend Neuköllnerinnen und Neuköllner gegen den rechten Terror im Bezirk demonstriert und mit einer Kundgebung ihre Solidarität mit den Hinterbliebenen von Burak Bektaş gezeigt.

Auch die Fraktionen der Grünen, der SPD und der LINKEN bezogen mit der Entschließung "Neukölln verurteilt die Schändung des Mahmals für Burak Bektaş" klar Position. Sie wurde gegen die Stimmen der CDU und natürlich der inzwischen zwei AfD-Fraktionen angenommen. Zudem wird das Bezirksamt die Wiederherstellung des Mahnmals finanzieren, wie Bezirksbürgermeister Hikel ankündigte.

Wollte die CDU von ihrer unrühmlichen Haltung ablenken? Wollte die konservative Fraktion sich nur wichtig machen? Oder wollte sie sich durch rassistische Stimmungsmache dem rechten Rand anbiedern? Schwer zu sagen – jedenfalls brachte die CDU-Fraktion eine eigene Entschließung ein, die einen homosexuellenfeindlichen Angriff am 11. April als Vorwand benutzte, Antisemitismus zu verurteilen, dabei aber vor allem antimuslimische Vorurteile verbreitete.

Antisemitismus ist abscheulich und darf keinen Platz in dieser Gesellschaft haben. Die allermeisten (93 Prozent) aller Angriffe auf Personen jüdischen Glaubens oder deren Einrichtungen sind politisch rechts motiviert – DIE LINKE hat schon oft, zum Beispiel an der Seite der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), öffentlich gegen die Ausbreitung dieses schändlichen und gefährlichen Gedankenguts protestiert (und wo war da die CDU?). Ein Änderungsantrag der Fraktion der LINKEN, der den braunen Wurzeln des Antisemitismus Rechnung trug, fand aber bedauerlicherweise keine Mehrheit. Daher enthielt sich die Fraktion der LINKEN bei dieser – durch Intervention der Grünen nur etwas weniger bedenklichen – Entschließung.

Wann wird endlich der Milieuschutz ausgeweitet?

In einer Einwohneranfrage erkundigte sich ein Mieter aus dem Umfeld der Hufeisensiedlung nach dem Stand der Dinge der Voruntersuchungen zur Einrichtung weiterer Milieuschutzgebiete, die das Bezirksamt letztes Jahr angekündigt hatte. Der Hintergrund sind umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen, den die Eigentümerin, die berüchtigte Deutsche Wohnen, dort vornehmen will. Der Stadtrat für Stadtentwicklung und Wohnen, Jochen Biedermann, versicherte, die Vorbereitungen für ein "Grobscreening" zur Vorbereitung weiterer Milieuschutzgebiete derzeit bereits laufen. Für die an die Hufeisensiedlung grenzende Bebauung aus den 1930er Jahren stellte der Stadtrat zudem die Möglichkeit des Denkmalschutzes in Aussicht.

Gegen Touristifizierung

Das Mietshaus Weserstraße 207 ist ein besonders bekanntes Beispiel rücksichtsloser Profitmacherei auf Kosten der Neuköllnerinnen und Neuköllner. Anfang 2017 eröffnete dort eine Party-Bar samt nicht schallgedämmtem Club im Keller zusammen mit einem Hostel im Hinterhaus, für das nie eine Genehmigung beantragt wurde. Als die Mieterinnen und Mieter begannen, sich dagegen zu wehren, terrorisierte sie der Vermieter mit Kündigungsschreiben und dem Unterlassen notwendiger Reparaturen. Doch die Initiative Weserkiez ließ sich nicht einschüchtern und erreichte nach monatelangem Einsatz, dass das illegale Hostel durch den Bezirk geschlossen wurde. Seit Anfang des Monats beobachteten Anwohnende jedoch die Wiederaufnahme des Hostelbetriebs und meldeten dies dem Bezirksamt. Mit einer mündlichen Anfrage erkundigte sich DIE LINKE nach der Reaktion des Bezirks. Offensichtlich hatte der dreiste Hostelbetreiber gemerkt, dass man ihm auf die Schliche kam und hatte seine Spuren verwischt. Es bleiben aber die unzumutbaren Belästigungen durch Partybar und Club. Doch auch hier versprach Stadtrat Biedermann Maßnahmen. Bleibt zu hoffen, dass diese auch in absehbarer Zeit Wirkung zeigen.

Kehrtwende in der Neuköllner Drogenpolitik

Noch vor wenigen Jahren wäre das kaum vorstellbar gewesen: Neukölln bekommt einen festen Drogenkonsumraum! In den nächsten Monaten soll der soziale Träger Fixpunkt, der aktuell eine Drogenberatungsstelle „Druckausgleich“ in der Warthestraße und das Beratungs- und Konsummobil im Bezirk betreibt, neue feste Räume in der Karl-Marx-Straße 202 beziehen. Dort wird zum einen der „Druckausgleich“ hinziehen, weil dessen Lokal gekündigt wurde. Zum anderen soll dort ein Drogenkonsumraum eingerichtet werden, der an jedem Tag in der Woche geöffnet hat. Zudem liegen die Räumlichkeiten direkt gegenüber des jetzigen Standorts des Fixpunkt-Mobils an der Kreuzung Kirchhofstraße. Die Miete für das große Ladenlokal und die Kosten für die zusätzlichen Sozialarbeiter oder Sozialarbeiterinnen übernimmt der Senat.

„Ein fester Konsumraum und die Ausweitung des Beratungsangebots sind eine wichtige Unterstützung für die suchtkranken Menschen in Neukölln“, meint Tony Pohl, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. Tony hatte sich seit Beginn der Legislatur in mehreren Anträgen und Anfragen sowie im Gesundheitsausschuss für den Ausbau des Drogenberatungs- und Drogenkonsumangebots eingesetzt.

Der zuständige CDU-Gesundheitsstadtrat Falco Liecke hat sich bis zuletzt gegen die Einrichtung eines festen Drogenkonsumraums gewehrt. Stattdessen setzt der stellvertretende Bürgermeister auf polizeiliche Repression und Verdrängung der Drogenszene. Jetzt kritisiert Liecke die fehlende Absprache mit dem Bezirk seitens der zuständigen Senatsverwaltung. An stichhaltigen Argumenten gegen einen festen Drogenkonsumraum fehlt es jedoch.

„Auch für die Anwohnenden wird sich die Situation entspannen“, prophezeit Tony. Bisher hat sich immer gezeigt, dass Konsumräume letztendlich von den Suchtkranken als Hilfe angenommen und von der Nachbarschaft gut akzeptiert wurden. Der aktuelle Erfolg ist eine Konsequenz jahrelanger Beharrlichkeit seitens der Fraktion DIE LINKE. So hat sich die Fraktion bereits 2010 für ein Drogenberatungsmobil am Hermannplatz eingesetzt. Dieses konnte damals aus fadenscheinigen Gründen nicht umgesetzt werden.

Geteilte AfD, doppelter Ärger

Drei Bezirksverordnete sind Mitte April aus der AfD-Fraktion ausgetreten und haben eine eigene Fraktion gebildet. Siehe hierzu unsere Pressemitteilung "Erosion der Neuköllner AfD-Fraktion setzt sich fort". Der Grund dafür waren vermutlich persönliche Streitigkeiten, da der Fraktionsvorsitzende der neuen AfD-Fraktion, Jörg Kapitän, anfangs auch Fraktionsvorsitzender der alten Fraktion war, bevor er durch Andreas Lüdecke von dem Posten verdrängt wurde. Die Zersetzung der AfD kostet die Steuerzahlenden Geld – zweimal Fraktionsmittel, zweimal Geld für die Fraktionsgeschäftsführung – und die BVV Zeit und Nerven: Nicht nur müssen die Ausschüsse vermutlich neu zusammengesetzt werden, sondern die Rechten können nun auch doppelt so viel Redezeit in Anspruch nehmen.

Inhaltlich lassen sich hingegen keine Unterschiede feststellen: In beiden AfD-Fraktionen sind Bezirksverordnete, die sich dem faschistischen Flügel der Partei zuordnen lassen, und beide Fraktionen beanspruchen die Bezeichnung „AfD“. In dieser BVV wurden eine Vielzahl von Anträgen der AfD (oder ihrer ehemaligen Fraktionsmitgliedern) behandelt, und die Beiträge der alten und der neuen AfD-Fraktion überboten sich gegenseitig an reaktionärem Gedankengut und Hetzerei: Sie forderten abstruse Verkehrsmaßnahmen, um das Rasen mit dem Auto zu fördern und wollten Fahrradfahrer und -fahrerinnen gängeln, sie bezeichneten Sexualaufklärung als „sexuelle Belästigung“ und hetzten aufs Übelste gegen jugendliche Geflüchtete. Beschämenderweise konnten die zwei AfDs die Fraktion der CDU dabei wieder des öfteren an ihrer Seite wissen.

Nur bei inhaltlichen Differenzen ist es gesetzlich möglich eine zweite Fraktion aus derselben Wahlliste zu bilden. Aus diesem Grund prüft unsere Fraktion rechtliche Schritte gegen die Gründung einer zweiten AfD Fraktion. Es bleibt nur zu hoffen, dass der anhaltende Widerstand der Neuköllnerinnen und Neuköllner gegen die rechte Partei zu einer weiteren Zersetzung der AfD führt.