Bericht von der 47. Sitzung der BVV Neukölln

Christian Posselt

Wegen der Abstandsregeln der Corona-Pandemie findet die BVV wieder im großen Saal des Gemeinschaftshaus Gropiusstadt statt. Wegen einer Vielzahl an unbehandelten Drucksachen mußte die BVV-Sitzung am 10.06.20 fortgesetzt werden. Weil von den demokratischen Fraktionen mit Absicht eine „Fortsetzung“ statt einer neuen BVV vereinbart wurde gab es kein zusätzliches Sitzungsgeld. Deshalb war von der AfD nur ein Bezirksverordneter gekommen während die vier anderen zuhause blieben.

Kundgebungen vor der BVV

Vor dem Start der BVV-Sitzung gab es auf dem Bat-Yam-Platz schon eine Kundgebung des Bürgerbegehren „Schule in Not“. Weiter waren Transparente der LINKEN zu sehen, die eine bessere Vergütung von Pflegekräften im Krankenhaus forderten. Dazu kam ein Fahrrad-Corso angefahren, der für eine bessere Radverkehrsinfrastruktur in der Hermannstraße eintrat.

Mikrofontüten und Maskenpflicht

Schon im Wort des Bürgermeisters wurde auf das Bürgerbegehren Von Schule in Not eingegangen. In der Sitzung rückte das Thema Corona inhaltlich etwas in den Hintergrund, war aber unter anderem wegen der Masken präsent. Weiter mussten die RednerInnen immer erst eine Tüte über das Mikro stülpen, bevor sie sprechen konnten.

Einwohneranfragen

Seit langen standen endlich wieder Einwohnerfragen auf der Tagesordnung. Leider konnte kein Fragesteller zu dem Termin kommen und die Fragen wurden schriftlich beantwortet. Die Antwort zu den Fragen zur Umsetzung des Mietendeckels wären sicher von Interesse gewesen.

Dringlichkeiten

Dann wurde über drei Dringlichkeiten abgestimmt. Leider fand das Antrag der SPD für Tempo 30 Km/h auf der Hermannstraße wegen einer fehlenden Stimme keine Zweidrittelmehrheit und wurde nicht auf die Tagesordnung genommen. Thomas Licher hatte schon 2018 für DIE LINKE folgenden Antrag mit Drs.Nr. 0918/XX „Radverkehr in Hermannstraße und Sonnenallee sicherer machen“ gestellt.

Der dringliche Antrag der Grünen zu Kultur fand eine Zweidrittelmehrheit und wurde in den entsprechenden Ausschuss überwiesen. Der dritte dringliche Antrag kam von der „Rechtsaußen“ der AfD und wollte die Ferienpause abschaffen. Fast alle Bezirksverordnete haben dies abgelehnt.

Leider gab es auch diesmal keine Konsensliste. Nach dem die AfD wenigstens die Mitteilungen und Kenntnisnahmen auf eine Konsensliste nehmen wollte, hat diesmal die Gruppe der FDP die Liste torpediert.

Dann wurde das Bürgerbegehren „Saubere Schulen“ aufgerufen und die Initiatoren stellten das Projekt vor. Neukölln ist der 5. Bezirk, der das Thema in der BVV auf der Tagesordnung hat und darüber abstimmt.

Dafür wurden über 12 000 Unterschriften gesammelt worden und es ist das erste erfolgreiche Bürgerbegehren in Neukölln. Alle Fraktionen begrüßen das Bürgerbegehren und beglückwünschten die Initiative für ihren Erfolg. Für die LINKE hat Thomas Licher den „Unterschriftensammlern“ gedankt und auf die Notwendigkeit einer Rekommunalisierung der Schulreinigung auf bezirklicher Ebene hingewiesen. Weiter hat Ahmed Abed als Mitglied der Ini für die LINKE gesprochen. Bei der Abstimmung haben fast alle Bezirksverordnete dafür gestimmt, nur die „Rechtsaußen“ der AFD hat sich enthalten, nach dem ihre Hetze gegen Migranten zurückgewiesen worden war.

Corona-Krankenhaus-Pakt

Die Entschließung der LINKEN zum Corona-Krankenhaus-Packt war der nächste Tagesordnungspunkt. Hierbei handelt es sich um ein Vorschlag der Beschäftigten von Charite und Vivantes zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Corona-Pandemie. Der Senat wird aufgefordert einen Pakt mit den Klinik-MitarbeiterInnen zu schließen.

Die Entschließung war von Christian Posselt eingebracht worden und er stellte die 9 Forderungen der Beschäftigten vor. Die SPD wollte einen Abschnitt mit den konkreten Forderungen gestrichen haben und die antragstellende Fraktion hat dem zähneknirschend zugestimmt. CDU und FDP haben sich gegen die Kritik am „Profitorientierten deutschen Gesundheitswesen“ im Text ausgesprochen und stark polemisiert. Als Krankenpfleger hat Thomas Licher auf die schweren Arbeitsbedingungen im Krankenhaus hingewiesen und das große Engagement der Beschäftigten im Gesundheitswesen und den Gesundheitsämter in der Bekämpfung der Corona-Pandemie hervorgehoben.

Die Entschließung wurde dann nach längerer Debatte mit 29 Ja-Stimmen von SPD, Grünen und LINKEN, 12 Nein-Stimmen von CDU, AfD und FDP bei 3 Enthaltungen mit leicht verändertem Text beschlossen.

Mündliche Anfragen

Von den vier von der LINKEN eingereichten Mündlichen Anfragen wurde nur die zu „Problemen bei der Kita-Öffnung“ direkt in der Sitzung beantwortet. Jugendstadtrat Falko Liecke musste dabei einräumen, dass es im Zuge der schrittweisen Öffnung der Kitas für alle Kinder zu erheblichen Problemen kommt, weil die Räumlichkeiten der Kitas begrenzt sind, fast ein Drittel des Personals derzeit nicht einsetzbar ist, weil sie Risikogruppen angehören oder aus anderen Gründen fehlen, Kinder aber pandemiebedingt nur in Kleingruppen betreut werden dürfen und besondere Hygienevorschriften gelten. Einige Einrichtungen in freier Trägerschaft hätten deshalb schon Überlastung signalisiert. Insgesamt sei von einer im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten um die Hälfte reduzierten Betreuungskapazität auszugehen, so Liecke, und auf absehbare Zeit sei auch nicht mit einer Rückkehr zum Normalbetrieb zu rechnen.“

Große Anfragen

Von den Grünen war schon vor der Pandemie eine Große Anfrage gestellt worden, in der nach „Strategie gegen Vereinsamung“ (Drucksache: 1688/XX) gefragt wurde. Im Vergleich zu anderen Bezirken hängt Neukölln hier hinterher und das Thema ist wichtig. Wenn auch überwiegend ältere Menschen von dem Problem betroffen sind, gibt es auch eine Gruppe von Jüngeren, die in der digitalen Zeit den sozialen Anschluss verlieren und vereinsamen.

Zentraler Punkt der Fortsetzungs-BVV waren die Großen Anfragen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Für DIE LINKE hatte Doris Hammer nach „Soziale Auswirkungen in Zeiten von Corona“ Drucksache – 1757/XX gefragt. Von ihr wurde hervorgehoben, dass Menschen mit geringen Einkommen und Transferbezieher besonders hart von der Pandemie betroffen sind und es zusätzlicher Hilfen für arme Menschen bedarf. In der Debatte wurde von Thomas Licher noch mal auf die besondere Situation von Studierenden, die ihr Studium durch Nebentätigkeiten finanzieren, hingewiesen. Es gibt zwar unter anderem einen Rettungsschirm für die in der Regel gutbetuchten Zahnärzte, aber viel zu wenig Hilfen für die wirklich Bedürftigen.

Weil der CDU- Gesundheitsstadtrat verhindert war, wollte die Union ihre Themen nicht besprechen und gab sich mit einer schriftlichen Beantwortung ihrer Großen Anfragen zufrieden. Die SPD erkundigte sich nach der „Schulöffnung während Corona“ (Drucksache: 1754/XX). In der langen Antwort hatte die Schulstadträtin ausführlichst über die Situation berichtet und in der Debatte hat Christian Posselt für die LINKE Stellung genommen. Als Vater eines schulpflichtigen Kindes konnte er konkret auf die Problemlage eingehen. Bei einer Reihe von RednerInnen dominierte die Selbstprofilierung.

In der zweiten Großen Anfrage von Marlis Fuhrmann für DIE LINKE ging es um die „Beratung von Mieter*innen bei coronabedingtem Einnahmenausfall“ (Drucksache: 1758/XX). Das Bezirksamt hatte die Forderungen teilweise bereits umgesetzt. So Sind die vom Bezirk finanzierten Beratungsangebote auf der Website besser präsentiert. Darüberhinaus erfolgte ein Kontakt zu großen privaten Wohnungsunternehmen, damit diese selbst auf Hilfsangebote hinweisen wo das noch nicht der Fall ist. Sorge bereitet, dass MieterInnen in eine Schuldenfalle geraten können und eigentlich Mietzuschüsse oder Mieterlässe erforderlich sind.