Bericht von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln vom 7.12.2011

Linksfraktion in der BVV

Auf die Mündliche Frage der LINKEN musste Bürgermeister Buschkowsky auf der BVV-Sitzung eingestehen, dass zu dem bisher schon bekannten Neuköllner Haushaltsdefizit von zu erwartenden 9 Mio. im Jahre 2012 und 11,5 Mio. Euro im Jahre 2013 noch ein „Zusätzliches Haushaltsrisiko durch Baumaßnahmen“ kommt. Bernd Szczepanski von „Bündnis'90/die Grünen“ wurde mit 17 Ja- , 4 Nein- und 34 Enthaltungen zum Neuköllner Sozialstadtrat gewählt. Auf Nachfrage der LINKEN wurde bekannt, dass der Erhalt der Neuköllner Schulstationen bei der derzeitigen Unterfinanzierung des Bezirks weder für 2012/13 noch 2014/15 gesichert ist.

Die BVV startete auch in der Dezember-Sitzung damit, dass die Tagesordnung um den Punkt „Dringliches“ erweitert wurde. Hierbei handelte es sich unter anderem um eine „Große Anfrage“ der CDU Fraktion zu dem Thema „Säuft das Blumenviertel (wieder) ab?“ Auch wenn das Problem des steigenden Grundwasserspiegels in Rudow schon sehr lange bekannt ist, haben die anderen Fraktionen aus Gründen der politischen Fairness diese Dringlichkeit zugelassen.

Start der BVV mit der Einwohnerfragestunde

Für die Einwohnerfragestunde hat es 13 Bürgeranfragen zu unterschiedlichen Themen gegeben. Wegen der großen Anzahl von Fragen hatte es im Vorfeld den Versuch gegeben, die vorgesehene Zeit von 30 Minuten zu verlängern. Dieser Vorschlag wurde von den großen Parteien nicht aufgegriffen und in den Geschäftsordnungsausschuss verwiesen. Bei der Einwohnerfragestunde waren die Hälfte der Fragesteller anwesend und brachten ihre Anliegen persönlich vor. Den Fragesteller wurden mit einem ausgesprochen harten Ton vorher gesagt, dass sie sich bitte kurz fassen und nur die Fragen verlesen sollten. Alle mündlich vorgetragen Anliegen wurden abschlägig beschieden. Man konnte sich des Eindrucks nicht verwehren, dass die Bürger mit ihren Anliegen  dem Bezirksamt lästig sind. Besonders negativ viel die Antwort auf die Frage nach dem Leerstand eines Hauses in der Weisestraße auf, wo es um spekulativen Leerstand ging. Dem derzeitigen Bezirksamt scheint das Problem egal zu sein und die Versorgung der Neuköllner Bevölkerung mit preiswerten Wohnraum als nicht ausreichend wichtig, als dass man etwas dafür unternehmen müsse.

Wahl einer neuen stellvertretenden Bezirksverordnetenvorsteherin

Innerhalb der CDU-Fraktion hat es im Dezember einen Wechsel an der Spitze gegeben. Nach dem der CDU-Bezirksvorsitzender von Neukölln und ehemalige Stadtrat Michael Büge zu Beginn dieser Wahlperiode zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde, scheidet er jetzt aus der Neuköllner BVV aus. Er wird im SPD/CDU Senat Staatssekretär in der Senatssozialverwaltung.

Die Fraktionsvorsitzende der CDU der letzten Wahlperiode Schwarzer wurde, nach dem sie erst im Oktober zur stellvertretenden Bezirksverordnetenvorsteherin gewählt worden war, am 05.12.11 wieder als Nachfolgerin von Büge zur Vorsitzenden der CDU- Fraktionen und legte ihr Amt im BVV-Vorstand wieder nieder. Dafür hat die CDU dann Ute Lanske vorgeschlagen.

Bei der Wahl von Frau Lanske zur stellvertretenden Bezirksverordnetenvorsteherin wurden 55 gültige Stimmen abgegeben, mit Ja stimmten 49, mit Nein 1 und es gab 5 Enthaltungen.

Integrationspolitik

Heinz Buschkowsky hatte im Bericht des Bürgermeisters den Erfolg der Neuköllner Integrationspolitik hervorgehoben, so dass ständig Delegationen aus anderen Ländern und Städten nach Neukölln kommen würden, um sich die erfolgreichen Projekte anzusehen.

Einen Tag später im Integrationsausschuss musste er aber ergänzen, dass er Mühe habe die vielen Delegationen auf die wenigen Projekte zu verteilen. Es gebe keinen nachweisbaren Erfolg, weil die erfolgreichen integrierten Menschen den Bezirk umgehend verlassen. Weiter trat er dort für eine stärker soziale Durchmischung ein. Das bedeutet für Nordneukölln eine massive soziale Verdrängung der unteren Einkommensschichten um Platz zu machen für Besserverdienende.

Wahl des Sozialstadtrat Bernd Szczepanski

Die Fraktion der Grünen hat bei der Wahl des Sozialstadtrat das Vorschlagsrecht. Die Grünen schlugen, nach dem die bisherige Jugendstadträtin Gaby Vonnekold in der Oktober- und der Novembersitzung in jeweils zwei Wahlgängen gescheiter war, statt dessen Bernd Szczepanski vor.

Nach dem der Wahlvorschlag von den Grünen begründet wurde, trat der Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Lars Overdick an das Pult und erklärte das Stimmverhalten der SPD. Die SPD würde sich bei der Wahl enthalten, weil Bernd Szczepanski maßgeblich am Bruch der Zählgemeinschaft aus SPD, Grüne und LINKE imMärz 2010 mitverantwortlich gewesen sei. Wegen der unterschiedlichen Betrachtung von „rechter“ und „linker“ Gewalt war die Zählgemeinschaft von der SPD gebrochen worden.

Angesichts der jetzt bekannt gewordenen beispiellosen Mordserie der Zwickauer NSU anneun Kleinunternehmer mit Migrationshintergrund und einer Polizistin ist diese Position nicht begreiflich. Besonders nach dem offensichtlichem Totalversagen von Polizei und Verfassungsschutz bei der Bekämpfung dieser Rechtsterroristen und dem großen rechten Netzwerk  ist diese Äußerung von dem Vertreter der Neuköllner SPD Fraktion nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern auch politisch sehr gefährlich. Mit dieser fadenscheinigen Begründung sind die Behörden in der gesamten BRD faktisch auf dem rechten Auge blind gewesen und haben das unerträgliche Treiben der Nazi-Mörder zugelassen. Schade, dass der SPD-Fraktionsvorsitzende nach der gemeinsamen Entschließung zur Verurteilung der Anschläge auf das Anton-Schmaus-Haus auf alte Positionen zurückgefallen ist.

Bernd Szczepanski von „Bündnis'90/die Grünen“ wurde dann mit 17 Ja- , 4 Nein- und 34 Enthaltungen zum Neuköllner Sozialstadtrat gewählt.

Im Anschluss wurden noch die Bezirksverordneten für den Jugendhilfeausschuss benannt und die Bürgerdeputierten gewählt.

Der Vorsteher der Neuköllner BVV hat sich gegen die Benennung der ehemaligen Grünen Jugendstadträtin Gabi Vonnekold in den Jugendhilfeausschuss verwehrt und lässt den Vorgang von der Kommunalaufsicht prüfen. Nach Jürgen Koglin wäre es ein ungeschriebenes parlamentarisches Gesetz, dass die Stadträte und Senatoren sich nach dem Ende ihrer Tätigkeit ein anderes politisches Aufgabengebiet suchen müssten.

Für die Fraktion der LINKEN wird Erika Mourgues dem Jugendhilfeausschuss angehören.

Mündliche Anfragen:

Die SPD fragte nach „Übernachtungen im Columbiabad“. Im Columbiabad sollen bis 40 Kleinstunterkünfte geschaffen werden, um dort ein Übernachten zu ermöglichen.

Die CDU stellte eine mündliche Anfrage zum so genannten „Neuköllner Modell“ zur Strafverfolgung von Jugendlichen. Das Modell werde weiter wie in den fünf anderen Berliner Polizeidirektionen angewendet.

Die Grünen fragten nach dem bezirklichen Schulraumbedarf der Hermann-Sander-Grundschule und der Zuckmayer-Oberschule. An den beiden Schulen soll eine Deutsch-Türkische Europaschule entstehen und die freiwerdenden Gebäudeteile der Thomas-Morus-Schule dazu verwenden. Die Bildungsstadträtin verneinte die Frage, ob die Karl-Weise-Grundschule an den Ausbau zu Europaschule beteiligt sei.

Die Piraten fragten nach dem Einsatz von Leiharbeitern durch das Bezirksamt. Das wurde vom Bezirksamt verneint.

Auf die Mündliche Frage der LINKEN musste der Bürgermeister eingestehen, dass zu dem bisher schon bekannten Neuköllner Haushaltsdefizit von zu erwartenden 9 Mio. im Jahre 2012 und 11,5 Mio. Euro im Jahre 2013 noch ein „Zusätzliches Haushaltsrisiko durch Baumaßnahmen“ kommt. Hierbei handelt es sich um eine neue Regelung der Senatsfinanzverwaltung, dass ab 01.01.12 die Bezirke bei Überschreitung der Baukosten an den Mehrbelastungen beteiligt werden sollen.

Weiter wurde zur Insolvenz der Treberhilfe gefragt. Nach den Information des BA werden alle bestehenden Betreuungsverhältnisse fortgesetzt und die Mitarbeiter der Treberhilfe werden von der „Neuen Treberhilfe GmbH“ übernommen.

Von großem Interesse war die Frage nach der Inanspruchnahme der Bildungsgutscheine in Neukölln.

Beim Jobcenter wurden bisher 25689 Anträge gestellt. Davon wurden 19644 bewilligt und 2121 abgelehnt. Die restlichen Anträge sind noch nicht entschieden.

Bemerkenswert ist die geringe Beteiligung in einzelnen Maßnahmen. Beispielsweise sind bisher erst 443 Essensbeiträge bei den Kita-Kinder beantragt worden.

Die Grünen fragten nach der „Jugendarbeit bei vorläufiger Haushaltsführung“

Weil ein gültiger Bezirkshaushalt voraussichtlich nicht vor dem Frühsommer 2012 verabschiedet werden wird, ist die Verlängerung der Verträge der präventiv tätigen Kinder- und Jugendeinrichtungen nach dem 30.04.12 noch offen. In der Vergangenheit musste schon zwei mal den wichtigen Trägern vorsorglich gekündigt werden. Das BA konnte keine Antwort geben und die Frage ist nach wie vor offen und man warte auf eine Stellungnahme der zuständigen Senatsverwaltung,

Die Mündlichen Anfragen zur „Baustelle am Zwickauer Damm“ und die Frage der LINKEN „Versorgungsauftrag Postdienstleistung gefährdet?“ zur Schließung der Postfiliale in der Hermannstraße wurde aus zeitlichen Gründen nicht mehr behandelt und wird schriftlich beantwortet werden.

Die Großen Anfragen:

Nach der langen Debatte zu dem schon oft besprochenen Thema „Säuft das Blumenviertel (wieder) ab?“ war von der CDU noch die Frage nach der „Nutzung von Grundstücken im Sinne Neukölln“ gestellt worden. Auch zu dem Thema der denkmalgeschützten baufälligen Häusern in Alt-Buckow hatte sich die BVV schon in der Vergangenheit beschäftigt. Die baupolitische Sprecherin der LINKEN Marlis Fuhrmann fragte auch schon nach der ebenfalls denkmalgeschützten Frauenklinik.

Bei der Großen Anfrage der Grünen zur „Herauslösung der Schulstationen aus dem Jugendamt“ kam es dann zu einem Schlagabtausch zwischen der alten Jugendstadträtin Vonnekold auf der einen Seite und der Bildungsstadträtin Dr. Giffey und Jürgen Koglin auf der anderen Seite. Bei der Auseinandersetzung konnte man den Eindruck gewinnen, dass der Konflikt auch stark persönliche bedingt war und nur zum Teil inhaltlich geführt wurde. Was aber sehr besorgniserregend ist, war die auf Nachfrage der LINKEN erteilte Auskunft, dass der Erhalt der Neuköllner Schulstationen bei der derzeitigen Unterfinanzierung des Bezirks weder für 2012/13 noch 2014/15 gesichert ist. (Siehe auch dazu die Presseerklärung vom 09.12.11)

Sehr heiter wurde die Debatte zu der Anfrage der Piraten zu den „Kompetenzbarrieren in Neuköllner Bibliotheken“. Ein eher jüngerer Bezirksverordneter von der CDU war für die derzeitigen Kinderschutzfilter der Internetarbeitsplätze bei den Bibliotheken und meinte, man müsse die Kinder vor dem „Schweinskram“ (Pornographie) schützten. Überhaupt wurde die Frage der Notwendigkeit von Internetarbeitsplätzen in öffentlichen Bibliotheken aufgeworfen. Aber besonders in Nordneukölln können sich viele einen eigenen Internetzugang nicht leisten und sind auf die wenigen Plätze in den Bibliotheken angewiesen. Leider stehe nicht ausreichend Personal zu Verfügung, um gesonderte Computerplätze für Kinder zu schaffen.

Wegen der fortgeschrittenen Zeit wurde die Debatte in der BVV am 7.12.11 um 22.45 beendet.

Die beiden Großen Anfragen der LINKEN zum „ÖBS und Bürgerarbeit“ und „Bauschäden ehemalige Frauenklinik“ werden mit den anderen nicht behandelten Großen Anfragen (zu Thema „Rechtsextremismus“ und „Straßenausbaubeitragsgesetz“) in der nächsten BVV zu Beginn  behandelt werden.

Wir möchten alle an Kommunalpolitik interessierten Freunde und Genossen zu einem kleinen Neujahrsempfang der Fraktion DIE LINKE in der BVV Neukölln am Montag den 09.01.12 ab 18.30 Uhr in das Rathaus Neukölln, Raum A307 einladen.

In der Januar-BVV 2012 werden dann die Vertreter der Fraktionen für die Beiräte benannt.

Die Fraktion DIE LINKE hat folgenden Vorschlag:

Für die Fraktion DIE LINKE soll Marlis Fuhrmann in den „Fahr-Rat“ benannt werden.

Für die Fraktion DIE LINKE soll Thomas Licher für den Krankenhausbeirat benannt werden.

Für die Fraktion DIE LINKE soll Marlis Fuhrmann in den Kleingartenbeirat benannt werden.

Für die Fraktion DIE LINKE soll Thomas Licher in den Integrationsbeirat benannt werden.

Für die Fraktion DIE LINKE soll Marlis Fuhrmann in die Spielplatzkommission benannt werden.

Für die Fraktion DIE LINKE soll Thomas Licher in den Beirat für Menschen mit Behinderung benannt werden.

Thomas Licher
Fraktionsvorsitzender der Fraktion DIE LINKE in der BVV Neukölln