Bezirksverordnetenversammlung ehrt Werner Gutsche

Die Bezirksverordneten des Bezirkes Neukölln erhoben sich um unseren kürzlich verstorbenen Genossen Werner Gutsche zu ehren. Wir dokumentieren an dieser Stelle die Ehrung im Wortlaut.

Werner Gutsche: 12. Mai 1923 – 4. Dezember 2012

Werner Gutsche wurde in Berlin-Kreuzberg geboren. Als Kind wuchs er in Neukölln zur Zeit der Weimarer Republik auf, erlebte den „Blutmai 1929“ und im Alter von neun Jahren die Machtübertragung an die Nazis. Sein Milieu war die Arbeitersportbewegung, besonders die Schwimmer, in der er gegen die Nazi-Ideologie immunisiert wurde. Während des zweiten Weltkriegs wurde er als Soldat eingezogen und kam 1945 bei Königsberg in Kriegsgefangenschaft. 1949 kam er aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft nach Neukölln zurück und zog für sich die richtige Lehre aus der Geschichte: Von Deutschland darf nie wieder Krieg und Faschismus ausgehen! Ein weiterer wichtiger Schluss aus dem Erlebten war für ihn, dass 1933 der Kampf der Arbeiterparteien KPD und SPD gegeneinander die Machtübertragung an die Nazis nicht verhindert hat. Deshalb trat er der Sozialistischen Einheitspartei in Neukölln bei und er ist auch in schweren Jahren der sozialistischen Bewegung treu geblieben.

In Neukölln hat Werner Gutsche sich dafür eingesetzt, dass mit der Wiederbenennung des Neuköllner Stadions als „Werner Selenbinder-Stadion“ an diesen bedeutenden Arbeitersportler und Olympiakämpfer erinnert wird. Sein besonderes Anliegen war es, die Erfahrungen aus Krieg und Faschismus an die jüngere Generation weiterzugeben. Er hatte die Neuköllner Kulturverein mitbegründet und ist besonders bei der Erarbeitung des Gedenkterminals im Rathaus Neukölln und bei der Erforschung der Zwangsarbeiterlager während des Zweiten Weltkrieges in Neukölln tätig gewesen.

2004 ist Werner Gutsche für sein Lebenswerk mit der Neuköllner Ehrennadel geehrt worden. Bis zu seinem Tod war er unermüdlich aktiv. So hat er die Veranstaltung in der Rütlischule zum 70. Jahrestag der Ermordung des Antifaschisten Hanno Günther, der vor 1933 Schüler an dieser Schule war, vorbereitet. Sie fand am 3. Dezember 2012 statt, er konnte selber daran nicht mehr teilnehmen.

Die Fraktion DIE LINKE Neukölln betrauert den großen Verlust. Die gesamte BVV Neukölln hat sich in der Sitzung am 23. Januar 2013 zu Ehren von Werner Gutsche erhoben und der BVV-Vorsteher hat den nachfolgenden Text verlesen:

"Am 4. Dezember 2012 ist der Träger der Neuköllner Ehrennadel Werner Gutsche im 90. Lebensjahr an den Folgen eines Unfalls verstorben. Werner Gutsche hat sich über 60 Jahre lang für die Aufarbeitung der Erfahrungen aus Krieg und Faschismus in Neukölln eingesetzt. Er hat sein großes Wissen über gesellschaftliche Entwicklungen und seine Kenntnisse Neuköllner Geschichte an die jüngere Generation weitergegeben und bis in höchste Alter aktiv gegen alte und neue Nazis gekämpft. Er hat sich um Neukölln verdient gemacht. Ehren wir sein Andenken."