Neukölln fordert Festanstellung der Musikschullehrkräfte

Auf Initiative der Linksfraktion unterstützt die BVV Neukölln die Forderung der Musikschullehrkräfte auf eine schnellstmögliche Lösung, um die ungewisse und belastende Situation der an der Musikschule Paul Hindemith beschäftigten freien Musikschullehrkräfte zu beenden. Per Entschließung appellieren die Bezirksverordneten an den Senat, die Honorarkräfte sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen.

Im Juni 2022 hat das Bundessozialgericht geurteilt, dass die Stadt Herrenberg eine Musikschullehrkraft scheinselbstständig beschäftigt. Dieses sogenannte „Herrenberg-Urteil“ hat Auswirkungen auf Honorarkräfte an Volkshochschulen und Musikschulen im ganzen Land. In Neukölln müssen die 250 freien Musikschullehrkräfte aktuell um ihre Weiterbeschäftigung zittern. Ihre Honorarverträge laufen zum Ende des Schuljahres aus. Das Bezirksamt schließt eine Verlängerung der Verträge derzeit aus.

Spätestens seit dem Herrenberg-Urteil ist klar, dass Musikschulen und Volkshochschulen möglicherweise einen Sozialversicherungsbetrug begehen, wenn wenn sie Honorarkräfte in arbeitnehmerähnlichen Verhältnissen beauftragen. In den Berliner Ausführungsvorschriften über Honorare für Musikschullehrkräfte vom 1. August 2022 ist u.a. ein Anspruch auf Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geregelt. Damit werden die Berliner Musikschullehrkräfte explizit zu arbeitnehmerähnlichen Personen erklärt. Bei Honorarverhältnissen auf Grundlage dieser Ausführungsvorschriften liegt daher der Verdacht auf Scheinselbstständigkeit nahe. Dennoch hat die Berliner Verwaltung in den zwei Jahren seit dem Urteil in Berlin keine Maßnahmen getroffen, um Rechtssicherheit an den Musikschulen und Volkshochschulen herzustellen. Leidtragende sind die Lehrkräfte und ihre Schüler*innen.

Erst am 19.3.2024 hat sich der Senat mit den Folgen des Urteils beschäftigt. Zum einen hat er den Bezirken empfohlen, auf eine persönliche Haftung von Mitarbeiter*innen, die Honorarverträge unterschreiben, zu verzichten. Zum anderen hat der Senat den Bezirken Unterstützung zugesagt, wenn rückwirkend Nachforderungen durch Sozialversicherungsträger geltend gemacht werden. Bei einer Honorarumfang von ca. 2 Millionen Euro pro Jahr allein für die 250 freien Musikschullehrkräfte in Neukölln könnten sich mögliche Nachforderung auf horrende Summen addieren, die die Bezirke bei weitem überfordern dürften und auch das Land Berlin zu drastischen Einsparmaßnahmen an anderen Stellen zwingen könnten.

Auf Grundlage des Senatsbeschluss wurden in vielen Bezirke daraufhin Honorarverträge für das kommende Schuljahr verlängert. Neukölln hat sich jedoch für einen Sonderweg entschieden. Das Bezirksamt unterzeichnet vorerst keine weiteren Honorarverträge und prüft aktuell eine Übergangslösung abseits der bestehenden Ausführungsvorschriften, um rechtssichere Honorarverhältnisse herzustellen. Eine solche Übergangslösung dürfte aber mit drastischen Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen einhergehen, da die arbeitnehmerähnlichen Zustände abgeschafft werden müssten. Auch ist nicht auszuschließen, dass die Arbeitsumfänge stark eingeschränkt werden, was insbesondere für jene Honorarkräfte mit hohen Stundenumfängen mit erheblichen Einkommensverlusten einhergehen dürfte.

Die Linke hat sich bereits in der Vergangenheit für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung der Lehrkräfte an den Musikschulen eingesetzt. Mit Klaus Lederer als Kultursenator konnte die Quote an festangestellten Lehrkräften berlinweit von 7 auf 23 Prozent erhöht werden. Auch jetzt ist die Festanstellung das Mittel der Wahl und muss mit Nachdruck vorangetrieben werden. Der Senat sollte umgehend den Weg für die Festanstellung ebnen, damit die Bezirke ihren freien Musikschullehrkräften eine entsprechendes Arbeitsangebot machen können.