Wahl-Chaos auch in Neukölln? Teil 1

Doris Hammer

Kleine Anfrage

1. In wie vielen bzw. welchen Wahllokalen kam es zu welchen Problemen bzw. Pannen bei der Wahl (z.B. nicht ausreichend oder falsche Stimmzettel, Probleme bei der Nachlieferung etc.)?

Am Wahltag wurde lediglich aus einem Wahllokal gemeldet, dass Stimmzettel für die BVV fehlen. Bis zur Nachlieferung wurden die Stimmzettel aus dem Nachbarwahllokal mitgenutzt. Daher gab es keine Unterbrechung der Wahlhandlung.

Dazu gab es zwei größere Probleme, welche sich auch in der Niederschrift des Bezirkswahlausschusses finden. Im Wahllokal 423 ist die Zahl der Erststimmen zur Wahl des Abgeordnetenhauses um 65 Stimmen kleiner als die der Zweistimmen. Hier liegt der Schluss nahe, dass eine entsprechende Zahl von Stimmzetteln für die Erststimme nicht an die Wähler*innen ausgehändigt worden ist. In diesem Wahllokal hatte es zu Beginn der Wahl einen Vorfall gegeben. Die Wahlhelfer*innen fühlten sich durch einen Bürger bedroht. Die Situation musste durch ein Einschreiten des Sicherheitsdienstes aufgelöst werden. Ob zwischen diesem Vorfall und der fehlerhaften Ausgabe der Stimmzettel ein Zusammenhang besteht, ist im Detail nicht zu klären. In einem Wahllokal in der Walter-Gropius-Schule sind vormittags knapp 200 Stimmzettel für die Zweitstimme der Wahl zum Abgeordnetenhaus nicht ausgegeben worden, bis der Fehler bemerkt wurde. Ein entsprechender Vermerk findet sich in der Niederschrift des Ergebnisses aus diesem Wahllokal. Die deutliche Differenz zwischen abgegebenen Erst- und Zweitstimmen plausibilisiert diesen Vorfall. Im Nachhinein lässt sich das aber leider nicht korrigieren. Mandatsrelevanz geht von beiden Vorfällen nicht aus.

2. Inwieweit wurde eine signifikante Häufung ungültiger Stimmen in einzelnen Wahllokalen festgestellt?

Eine signifikante Häufung von ungültigen Stimmzetteln wurde in Neukölln nicht festgestellt. Auf der Homepage der Landeswahlleitung wurden teilweise fehlerhafte Daten veröffentlicht, sodass der Eindruck entstanden ist, dass es in einigen Stimmbezirken viele ungültige Stimmen gab, so für das Wahllokal 324 mit knapp 70% ungültigen Stimmen. Das Bezirkswahlamt hatte die korrekten Zahlen übermittelt.

3. In welchem Umfang gab es ungültige Stimmen wegen falscher Stimmzettel, die verwendet worden sind? Sind diese alle als ungültig gewertet worden oder gab es da eine unterschiedliche Praxis?

Dem Bezirksamt sind aus keinem der Neuköllner Wahllokale Fälle bekannt geworden, in denen dies der Fall gewesen ist. Dies hätte sodann spätestens nach Schließung der Wahllokale bei der Auszählung, insbesondere bei den Erststimmen ggf. bei den Nachzählungen durch das Bezirkswahlamt auch auffallen müssen.

4. Inwieweit wurden signifikante Differenzen in der Zahl der abgegebenen Stimmen in den einzelnen Wahllokalen festgestellt?

Mangels der Anführung eines Vergleichswertes zur Orientierung, auf was sich die signifikanten Differenzen gemäß Fragestellung beziehen sollen, ist dem Bezirksamt eine Beantwortung der Frage nicht möglich.

5. In wie vielen Wahllokalen wurden Stimmzettel eines anderen Wahlkreises ausgegeben?

Dem Bezirksamt sind aus keinem der Neuköllner Wahllokale Fälle bekannt geworden, in denen dies der Fall gewesen ist.

6. In wie vielen bzw. welchen Wahllokalen wurden Wahlberechtigte, die sich bis 18 Uhr an den Wahllokalen eingefunden hatten, von Wahlhelfer:innen abgewiesen und somit von der Wahl abgehalten?

Dem Bezirksamt sind aus keinem der Neuköllner Wahllokale Fälle bekannt geworden, in denen dies der Fall gewesen ist. Alle Personen, die sich bis 18.00 Uhr in die Warteschlange gestellt haben, durften auch ihr Wahlrecht ausüben. Die Wahlvorstände waren entsprechend informiert.

7. Inwieweit wurde die aufgrund der vielen Stimmzettel absehbar längere Wahlhandlung selbst bei der Wahlvorbereitung berücksichtigt und fanden entsprechende Schulungen statt?

Aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen und des Umfangs der am 26.09.2021 gleichzeitig stattfindenden Wahlen wurde bereits bei den Vorbereitungen zur Durchführung der Wahlen durch das Bezirkswahlamt mit längeren Wahlhandlungen in den Urnenwahllokalen gerechnet.

Diesem Umstand wurde durch die Einrichtung deutlich verkleinerter und infolgedessen deutlich mehr vorhandenen Wahlbezirken / -lokalen begegnet. Während es bei den Wahlen 2016 in Neukölln insgesamt 195 Wahllokale gegeben hat (155 Urnenwahllokale und 40 Briefwahllokale), gab es für die Wahlen in diesem Jahr in Neukölln insgesamt 346 Wahllokale (194 Urnenwahllokale und 152 Briefwahllokale). Dazu war aufgrund der Corona-Pandemie auch von einer deutlich höheren Briefwahlquote auszugehen.

Um Verzögerungen in den Urnenwahllokalen gleichwohl vorzubeugen, wurden die Wahlvorstände in den Schulungsunterlagen darauf hingewiesen, Muster-Stimmzettel vor dem Wahllokal auszuhängen, sodass die Wähler*innen sich mit den Stimmzetteln im Vorhinein vertraut machen konnten. Dennoch kam es nach Rückmeldungen von Wahlvorstehenden trotz der vorgenannten Vorbereitungen vor allem zu längeren Warteschlangen, weil Wählende wesentlich längere Zeit in der Wahlkabine für ihre Stimmenabgabe benötigten.

8. Nach welchen Kriterien wurde die Anzahl der Wahlkabinen in den Wahllokalen bemessen? Gab es Vorgaben für die Zahl der Wahlkabinen und die Zahl der Wahlhelfer:innen je Wahllokal?

Das Hygienekonzept der Landeswahlleitung sah im idealtypischen Aufbau eines Wahllokals zwei Wahlkabinen vor. In Neukölln wurde jedes Wahllokal mit zwei Wahlkabinen ausgestattet.

Der Wahlvorstand muss aus mindestens fünf Personen bestehen. Jedes Wahllokal war am Wahltag mit der Mindestanzahl an Wahlhelfenden beschlussfähig besetzt.