Wohnungsbestände in Berlin rekommunalisieren

Thomas Licher

Jüngst hat der regierende Bürgermeister von Berlin, in Reaktion auf den Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen", die Absicht geäußert, ehemals privatisierte Wohnungen wieder zurückkaufen zu wollen. Wir wollen wissen, was das für Neukölln bedeutet.

1. Wie steht das Bezirksamt zu den Plänen des SPD-LINKE-Grünen-Senats, den Bestand an landeseigenen Wohnungen verstärkt durch Zukauf von ehemals privatisierten Wohnungen wieder anwachsen zu lassen und wie weit könnte Neukölln auch davon profitieren?

Das Thema bezahlbarer Wohnraum ist das entscheidende soziale Thema dieser Stadt und liegt auch mir persönlich - wie Sie wissen - besonders am Herzen. Das Bezirksamt steht den Plänen des Senats grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Es besteht im Land Berlin mittlerweile der Konsens, dass der im Jahr 2004 erfolgte Verkauf der ehemals landeseigenen GSW (die seit 2013 zum Bestand der Deutsche Wohnen SE ge- hört) ein Fehler gewesen ist.

Ein verstärkter Ankauf findet - unabhängig von den derzeitigen Planungen auf Landes- ebene - wenn möglich bereits statt. So sichert die Gewobag zusammen mit der WBM durch den Ankauf von zwei Wohnanlagen im Ortsteil Buckow im Oktober 2018 dort künftig preisgünstige Mieten. Die beiden städtischen Wohnungsgesellschaften kauften dort insgesamt 913 Wohnungen, welche zum 01.01.2019 in deren Bestand übergingen.

Auch durch die Nutzung des Vorkaufsrechts können öffentliche Bestände sukzessive wieder erhöht werden. Zwar handelt es sich hierbei oft um kleinere Objekte, in der Böh- mischen Straße/Thiemannstraße können in diesem Zusammenhang aber immerhin 140 Wohnungen in den Bestand eines städtischen Unternehmens übergehen. Allerdings handelt es sich bei diesen Ankäufen oft um Häuser, die sich in der Vergangenheit nicht im Landesbesitz befunden haben.

Ein stärkerer Anteil öffentlichen und gemeinwohlorientierten Wohnraums ist aus meiner Sicht zwingend erforderlich, um den steigenden Mieten etwas entgegen zu setzen. Gleichwohl darf gleichzeitig nicht vernachlässigt werden, neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Inwieweit der Bezirk von Ankäufen in den in Rede stehenden Umfängen profitieren könnte, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abzuschätzen. Bisher ist dem Bezirksamt weder eine konkrete Zahl zur Größenordnung eines möglichen Rückkaufs bekannt, noch um welche Bestände es hierbei konkret gehen könnte.

2. Hält das Bezirksamt die Initiative zum Schutze der MieterInnen durch Verstaatlichung von Wohnungsunternehmen mit über 3000 Wohnungen in Berlin für hilfreich in der Auseinandersetzung um bezahlbare Mieten in Neukölln bzw. Berlin?

Das Bezirksamtskollegium hat diese Frage bisher – auch mangels entsprechender Zuständigkeit – nicht diskutiert. Persönlich halte ich den Debattenanstoß für begrüßens- wert. Gleichzeitig muss jeder*m klar sein, dass Enteignungen rechtlich an hohe Hürden gebunden sind. Ob die Bedingungen für eine Enteignung vorliegen - insbesondere bei der “Vorgabe“ von 3.000 und mehr Wohnungen - vermag das Bezirksamt nicht einzuschätzen.