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Marlis Fuhrmann

Besetzung Karl-Marx-Str. 145 und brutale Räumung Bornsdorfer Str. 37b

Mündliche Anfrage

1. Wann werden wie viele der in Neukölln benötigten Wohnungen in der Karl-Marx-Str. 145 zur Verfügung stehen und warum sollen Teile des Hauses durch eine andere Nutzung (Chorzentrum) „zweckentfremdet“ werden?

Das Grundstück Karl-Marx-Straße 145 befindet sich im Sanierungsgebiet "Karl-Marx-Straße / Sonnenallee". Eines der wichtigsten Sanierungsziele ist die Revitalisierung des Hauptzentrums von Neukölln. Hierzu ist es wichtig, möglichst öffentlichkeitswirksame und frequenzbringende Nutzungen auf den Grundstücken (wieder) zu etablieren. Im Sanierungsprozess gibt es nicht nur – seit der Fortschreibung im letzten Jahr - das Ziel der Förderung des Wohnens, sondern auch weitere Ziele, z.B. zur Stärkung zentraler Funktionen wie auch kultureller Nutzungen. Bei Projekten muss diesbezüglich stets eine Abwägung vorgenommen werden, um für die zukünftige Entwicklung des Sanierungsgebietes das beste Ergebnis zu erzielen.

Zur Steuerung der Gesamtentwicklung im Block 151, zu dem auch die Karl-Marx-Straße 145 gehört, wurde ab 2014 mit der Arbeit an einem Blockentwicklungskonzept begonnen. Das Entwicklungskonzept wurde im September 2015 vom Bezirksamt beschlossen. Es ist verbindliche Grundlage für die sanierungsrechtliche Beurteilung von Vorhaben in dem Block. Die zum damalgen Zeitpunkt bereits vorliegenden Überlegungen für eine Umnutzung des Gebäudes für kulturelle Nutzungen sind in das Entwicklungskonzept eingeflossen. Eines der Hauptziele im Entwicklungskonzept ist die Unterstützung der Entwicklung einer zusammenhängenden Kulturnutzung (Erhaltung bzw. Stärkung des Kulturschwerpunktes in Vernetzung mit vorhandenen Nutzungen im Umfeld wie Heimathafen, Saalbau, Passage, Puppentheatermuseum).

Mit dem Erwerb des Grundstücks durch die Karl-Marx-Straße 145 GmbH Ende 2013 wurden Projektabstimmungen mit dem Stadtentwicklungsamt zu baulichen wie auch nutzungsstrukturellen Aspekten für die Umnutzung für kulturelle Zwecke eingeleitet. Die sanierungsrechtliche Genehmigung wurde auf Basis des schlussendlich abgestimmten Nutzungskonzeptes des Antragstellers am 23.06.2016 erteilt.

Bei den Abstimmungen im Vorfeld wurde auch das Thema der Zweckentfremdung des Wohnraums diskutiert, schlussendlich jedoch in Abwägung der Sanierungsziele der Kulturnutzung der Vorrang gegeben. Die zu diesem Objekt zunächst wegen Leerstands eingeleiteten Amtsverfahren sind aufgrund der sanierungsrechtlichen Genehmigung eingestellt worden.

Als Voraussetzung für die Zustimmung der Zweckentfremdung wurde seitens des Stadtentwicklungsamtes formuliert, dass eine besucherfrequenzorientierte Nutzung entsteht, die das kulturelle Angebot am Standort bereichert und in diesem Sinne auch zentrumsstärkend wirkt. Unter Zugrundelegung der geltenden Sanierungsziele wurde der geplanten kulturellen Nutzung dann auch zugestimmt. Es wurde insbesondere auch die Chance gesehen, hier im Kontext mit dem unmittelbar benachbarten Heimathafen sowie mit anderen Einrichtungen einen besonderen, auch überbezirklich bedeutenden Kulturschwerpunkt zu bekommen. Tatsächlich ist hier eine gemeinsame Hoferschließung mit dem Heimathafen wie auch eine Mitbenutzung der Räumlichkeiten geplant.

Auch der geplante Kindergarten ist in sanierungsrechtlicher Hinsicht positiv zu beurteilen (Stärkung der wohnungsnahen sozialen Infrastruktur). Mit der Kitafreifläche wird zudem die Hoffläche sanierungszielkonform aufgewertet.

Ein weiteres Argument für die Zustimmung zur Nutzungsänderung war auch die Tatsache, dass hier jahrelang ein Leerstand und zunehmender Verfall des Gebäudes gege-ben war. Die Aussicht auf eine neue Nutzung mit besonderer Impulswirkung für das Zentrum war einem fortgesetzten Leerstand und Verfall gegenüber vorzuziehen.

In die Diskussion mit einbezogen wurde weiterhin, dass eine Wohnutzung nicht nur zur belebten Karl-Marx-Straße, sondern auch zum Hof ggf. unzumutbarem Lärm ausgesetzt werden würde (Abendbetrieb im Saalbau) – somit ein sanierungsrechtlich problematischer städtebaulicher Missstand entstehen würde.

Die besondere Bedeutung der Karl-Marx-Straße für das Sanierungsgebiet kommt auch in der Ende 2017 beschlossenen Fortschreibung der Sanierungsziele zum Ausdruck, in der das Gebäude als eine der besonders zu fördernden zentrumsrelevanten Schlüsselimmobilien (hier: Potenzial für kulturelle Nutzung mit Bezug zum Saalbau / Heimathafen) dargestellt ist.

Nach der vorliegenden Planung des Chorverbandes und der entsprechenden Genehmigung werden auf dem Grundstück aus den dargestellten Gründen somit keine Wohnungen entstehen.

2. Warum kam es im Rahmen der Aushandlung eines Vor-Mietvertrages für die leerstehende Bornsdorfer Str. 37b (ehem. Schwesternheim/Stadt u. Land) mit den Hausbesetzern nicht zu einer Einigung sondern zu einer brutalen Räumung, die für mehrere der jungen Leute und Nachbarn im Krankenhaus endete?

Warum es zu keiner Einigung kam, entzieht sich der Kenntnis des Bezirksamtes. Ich bin zwar von den Besetzer*innen am Sonntagmittag angerufen worden und habe daraufhin Kontakt mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sowie dem Bezirksbürgermeister aufgenommen, der in Folge mit der Stadt und Land und dem Senat im Austausch stand.

Gleichwohl muss betont werden, dass dem Bezirksamt in dieser Auseinandersetzung keine offizielle Rolle zustand. Das besagte Haus befindet sich im Eigentum der Stadt und Land Wohnbauten GmbH. Deren Rechtsaufsicht liegt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Ihre Frage kann daher vom Bezirksamt nicht beantwortet werden.

Die Geschäftsordnung der BVV Neukölln unterscheidet zwischen verschiedenen Drucksachenarten. Hier erklären wir kurz, welche es gibt und wie sie funktionieren.

Große Anfragen werden in der BVV mündlich durch ein Mitglied des Bezirksamts beantwortet. Im Anschluss haben alle Fraktion 15 Minuten Zeit,  um zu dem Thema Stellung zu nehmen.

Im Gegensatz zu Großen Anfragen ziehen Mündliche Anfragen keine Debatte nach sich. Zulässig ist maximal eine Nachfrage. Wegen der kurzen Einreichungsfrist können aber aktuelle Ereignisse thematisiert werden.

Kleine Anfragen sind keine eigentlichen Drucksachen; d.h. sie tauchen nicht auf der Tagesordnung der BVV auf. Stattdessen werden sie vom Bezirksamt schriftlich beantwortet. Sie dienen in erster Linie der Hintergrundrecherche oder der Vorbereitung von Großen Anfragen oder Anträgen.

Mit Anträgen erfüllen die Bezirksverordneten ihre Aufgabe, Verwaltungshandeln anzuregen. Anträge werden in der BVV abgestimmt. Findet ein Antrag eine Mehrheit unter den Bezirksverordneten, so ist er Beschlusslage. Die Verwaltung ist dann angehalten, im Sinne des Antrags tätig zu werden und nach Bearbeitung des Beschlusses der BVV einen Schlussbericht vorzulegen.

Wie Anträge werden auch Entschließungen in der BVV abgestimmt. Im Gegensatz zu Anträgen enthalten sie aber keinen Handlungsauftrag an die Verwaltung, sondern enthalten in der Regel eine Stellungsnahme der BVV zu aktuellen Ereignissen. 

Die Geschäftsordnung der BVV Neukölln gibt es hier als pdf.