“Die ärmsten Bezirke brauchen die besten Bibliotheken.” Linke will ehemaliges Kaufhaus in Bibliothek umwandeln.

Neukölln ist Schlusslicht bei den öffentlichen Bibliotheken Berlins. Der Bezirk hat die wenigsten Öffnungsstunden, die geringste Bibliotheksfläche und die wenigsten Standorte im Vergleich zu den anderen Berliner Bezirken. Dazu erklärt Susanka Sambefski, jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion Neukölln:

Bibliotheken ermöglichen den nichtkommerziellen Zugang zu Kultur und Bildung. Sie sind Treffpunkte und Lernorte ohne Konsumzwang. Dass es ausgerechnet in Neukölln, einem Bezirk mit geringen Haushaltseinkommen und extrem hoher Kinderarmut, an Bibliotheken fehlt, ist fatal. Vor allem für Kinder und Jugendliche, die in beengten Wohnverhältnissen leben, sind Bibliotheken ein wichtiger Lernort.

Die Linksfraktion Neukölln schlägt vor, das ehemalige C&A-Gebäude in der Karl-Marx-Straße in eine Bezirkszentralbibliothek umzuwandeln. Carla Aßmann, Sprecherin für Stadtentwicklung der Linksfraktion Neukölln, erklärt dazu:

Die Helene-Nathan-Bibliothek ist die einzige Bibliothek im dicht besiedelten Norden Neuköllns. Sie ist überlastet und kann ihre Aufgaben als Bezirkszentralbibliothek nur eingeschränkt wahrnehmen. Nur wenige 100 m weiter steht aber in bester Lage ein ehemaliges Kaufhaus seit einem guten Jahrzehnt leer. Wir wollen, dass an diesem Standort baurechtlich eine Bibliotheksnutzung festgeschrieben wird. Einen besseren Standort werden wir nicht finden. Der Bezirk muss anfangen, Brachflächen in bester Lage für öffentliche und soziale Zwecke zu nutzen.

Nach der Schließung des Kaufhauses im Jahr 2012 wurde das Gebäude 2015 von einem Investor gekauft. Zwischen 2015 und 2018 diente es als Notunterkunft für Geflüchtete. 2021 stellt der Künstler und Start-Up-Unternehmer Ryotaro Chikushi seine Pläne für eine kulturelle Nutzung des Gebäudes vor. Diese liegen aber schon seit längerem auf Eis. Zuletzt wurde das Gebäude Anfang Februar 2024 während der Berliner Fashion Week genutzt.

Das Bezirksamt Neukölln betreibt aktuell vier Bibliotheksstandorte. Neben der Bezirkszentralbibliothek Helene-Nathan im Norden des Bezirks gibt es drei Zweigbibliotheken in Britz, Gropiusstadt und Rudow. Mit 3000 Quadratmetern Nutzfläche ist die Helene-Nathan-Bibliothek nur halb so groß wie für Bezirkszentralbibliotheken vorgesehen. Laut der Linksfraktion braucht es nicht nur eine neue Bezirkszentralbibliothek, wie Philipp Dehne, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion erklärt:

Die ärmsten Bezirke brauchen die besten Bibliotheken. Und das heißt für Neukölln in erster Linie mehr dezentrale Standorte mit viel Platz zum Lernen, zum Beispiel in der Köllnischen Heide, in Britz Nord und in Buckow. Dafür braucht es aber eine zuverlässige Finanzierung durch das Land. Wenn der Senat seinen eigenen Bibliotheksentwicklungsplan ernst nehmen will, dann muss er den Bezirken auch die dafür notwendigen Mittel an die Hand geben.

Der Berliner Bibliotheksentwicklungsplan sieht neben einer Bezirkszentralbibliothek, vier weitere Mittelpunktbibliotheken sowie 12 Zweigbibliotheken für Neukölln vor. Es fehlt jedoch eine gesetzliche Grundlage für die bedarfsgerechte Ausfinanzierung der Bibliotheksentwicklung. Derzeit arbeitet die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt an einem Standortgutachten. Ein angekündigter Neuköllner Bibliotheksentwicklungsplan lässt auf sich warten. Laut Beantwortung einer Anfrage der Linksfraktion muss zunächst die Stelle der Fachbereichsleitung neu besetzt werden.

Links:

Rahmenkonzept für die Bibliotheksentwicklungsplanung Berlin

21. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung, Schule und Kultur –Bibliotheksentwicklungsplan und gesamtstädtische Zielvereinbarung Bibliotheken

Beantwortung der Kleinen Anfrage „Bibliotheksentwicklung in Neukölln“ vom 15.1.2024

Große Anfrage „Neue Bezirkszentralbibliothek im C&A-Gebäude?“

Antrag „Bezirkszentralbibliothek im ehemaligen C&A-Gebäude“