Neuköllns Bürgermeister Hikel (SPD) verschleppt Amtsermittlung gegen illegalen Leerstand

Weil in einem Hochhaus im „Wohnpark St. Marien“ in Neukölln viele Wohnungen leer stehen, hat die Linksfraktion Neukölln eine Prüfung auf einen Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz gefordert. Das Bezirksamt Neukölln hat daraufhin zu 52 Wohneinheiten Amtsermittlungsverfahren eingeleitet. Wie jetzt auf Anfrage der Linksfraktion bekannt wurde, hat das Bezirksamt jedoch bisher keine Anordnung auf Zuführung der Wohnungen zu Wohnzwecken erteilt. Dazu erklärt Carla Aßmann von der Linksfraktion Neukölln:

Das Bezirksamt ist auf Kuschelkurs mit der Vermieterin und macht sich mitschuldig daran, dass in Neukölln mehrere Dutzend Wohnungen illegal leer stehen Und das obwohl Zehntausende in dieser Stadt eine Wohnung suchen.

Laut Zweckentfremdungsverbot-Gesetz liegt eine illegale Zweckentfremdung von Wohnraum vor, wenn dieser länger als drei Monate leer steht. Weil die Wohnungen im Frühjahr 2023 fertiggestellt wurden, sah das Bezirksamt Neukölln bereits im August 2023 einen Anfangsverdacht auf einen Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot. Wenn ein Verstoß vorliegt, so soll laut Gesetz das zuständige Bezirksamt die Zuführung zu Wohnzwecken anzuordnen.

In der Beantwortung der jüngsten Anfrage erklärt Bürgermeister Hikel (SPD) jedoch, dass eine Anordnung zur Zuführung zu Wohnzwecken bisher nicht ergangen ist, da die Verfügungsberechtigten ihre Vermietungsbemühungen und die teilweise Vermietung nachgewiesen haben. Konkret konnte die Vermieterin eine Annonce in der Süddeutschen Zeitung sowie Werbung auf einem BVG-Bus belegen. Von den 52 leerstehenden Wohnungen konnten mittlerweile 13 vermietet werden. Aßmann widerspricht:

Bürgermeister Hikel irrt sich, wenn er denkt, dass hier keine Zweckentfremdung vorliegt, weil die Vermieterin ja vermieten will. Es kommt hier nicht auf den Willen der Vermieterin an, sondern ob sie geeignete Maßnahmen ergreift. Und wenn in Berlin innerhalb von fünf Monaten von 52 Wohnungen in bester Lage nur 13 vermietet werden konnten, dann sind die Bemühungen der Vermieterin offenbar nicht geeignet. Mein Tipp wäre, die Angebotsmieten auf ein bezahlbares Maß abzusenken.

Laut Vermietungswebsite bewegen sich die Angebotsmieten zwischen 24 und 28 Euro pro Quadratmeter kalt. Aßmann sieht darin die Auswirkungen einer verfehlten Stadtentwicklungspolitik:

Der Wohnpark St. Marien widerlegt deutlich, was SPD und CDU mantraartig immer wieder behaupten: dass in Berlin Wohnungen fehlen und dass da nur Bauen, Bauen, Bauen hilft. Im Hochhaus stehen viele Wohnungen frei, weil sich einfach niemand eine Kaltmiete von deutlich über 25 Euro pro Quadratmeter leisten kann. Es fehlt nicht an Wohnungen per se, es fehlt an bezahlbaren Wohnungen.

Hintergrund:

Auf dem Gelände der ehemaligen Brandenburgischen Hebammen-Lehranstalt und Frauenklinik in Berlin-Neukölln hat die AVILA-Gruppe den “Wohnpark St. Marien” realisiert. Insgesamt 600 Wohnungen sind auf einem 37.500 Quadratmeter großen Grundstück zwischen Silbersteinstraße und Mariendorfer Weg in den Bestandsgebäuden sowie durch Neubau entstanden. Schon von weitem sichtbar ist das Punkthochhaus „Ruth“, welches Anfang 2023 bezugsfertig war. Auch drei Monate nach Fertigstellung waren über 50 der 72 Wohnungen im Hochhaus noch unbewohnt.

Links:

Große Anfrage „Das kann sich niemand leisten: Leerstand im hochpreisigen Wohnungssegment“

Antrag „Wohnpark St. Marien auf illegalen Leerstand prüfen“

Mündliche Anfrage „Spekulativer Leerstand im Wohnpark St. Marien?"

Mündliche Anfrage "Amtsermittlungsverfahren wegen spekulativen Leerstands im Wohnpark St. Marien“

Zweckentfremdungsverbot-Gesetz

Vermietungswebsite Wohnpark St. Marien