Bericht der Fraktion zur Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung vom 20.03.2013

1. Bürgerfragestunde und Wort des Bürgermeisters

2. Entschließung „Energievolksbegehren unterstützen“

3. Mündliche Anfragen

4. Kinderärztliche Versorgung auch an Feiertagen gewährleisten.

5. Beschwerdeverzicht (Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin gegen Buschkowsky)

6. 16,8 Mio. Euro für Neukölln nicht verwendet

7. Vorankündigung zur BVV-Sitzung am 24.04.13:

1. Bürgerfragestunde und Wort des Bürgermeisters

Die BVV startete wie immer mit der Bürgerfragestunde. Der erste Fragesteller
wollte etwas zum Hundeführerschein und zur „Ärztlichen Versorgung an Feiertagen“ wissen. Der zweite und der dritte Bürger fragten nach einer möglichen Bebauung des Tempelhofer Feldes. Letztere Fragen wurden zusammenfassend vom Baustadtrat beantwortet und es hatte den Anschein, dass Herr Blesing bereits eine vorgefertigte Meinung über die Fragesteller hatte. Scheinbar mit wenig Engagement wurden die Fragen nach dem ehemaligen Bürgerpark an der Oderstraße beantwortete und auch bei der Frage zur Verkehrserschließung des Tempelhofer Feldes zeigte sich, dass das BA die Fragen der Bürger nicht besonders ernst nahm. Wegen des gemeinsamen Eingangs der Fragen und des gleichen Themas unterstellte der Stadtrat zu Recht, dass es sich um Vertreter der Bürgerinitiative 100% Tempelhofer Feld handelte. Vor der BVV-Sitzung hatte es vor dem Rathaus eine von der Bürgerinitiative organisierte kleine Aktion gegeben.
Im Wort des Bürgermeisters wurde berichtet, dass der Bezirk Neukölln im letzten Haushaltsjahr voraussichtlich 8,7 Mio. Euro nicht ausgegeben habe. Die Einsparungen sind in erster Linie durch nicht verbrauchte Investitionsmittel und weniger Ausgaben im Bereich der „Hilfen zur Erziehung“ und der „Hilfen in besonderen Lebenslagen“ erfolgt. Von den eingesparten Mitteln soll u.a. die
Jugendfreizeiteinrichtung Lessinghöhe für 1,2 Mio. Euro saniert werden.

2. Entschließung „Energievolksbegehren unterstützen“

Die von den Grünen, Piraten und LINKEN eingebrachte Entschließung zur Unterstützung des Volksbegehrens „Neue Energie für Berlin“ würde von Fraktionsvorsitzenden der LINKEN Thomas Licher vorgestellt. Neben dem Zeitrahmen für die zweite Stufe des Volksbegehrens wurde von ihm noch mal der Text der Entschließung vorgebracht. Leider hatte sich im Vorfeld schon abgezeichnet, dass sich SPD- und CDU-Fraktion nicht an der Entschließung beteiligen wollen, trotz eines Gesprächsangebots der beantragenden Parteien. Obwohl die SPD als Landespartei das Volksbegehren formal unterstützt und auch die CDU wegen des Koalitionsvertrags auf Landesebene für ein Stadtwerk sein müsste, haben die Fraktionen von SPD und CDU gegen die Entschließung gestimmt.
Obwohl die Parteienvertreter der Zählgemeinschaft sonst keinerlei Hemmung dabei zeigen, über die Köpfe der Neuköllner hinweg zu entscheiden, wurde hier das Argument vorgebracht, dass das die Bürger selbst entscheiden müssten. Selbstverständlich muss der Bürger selbst entscheiden ob er unterschreibt. Aber einen Appell zur Unterstützung des Volksbegehrens wollten die Fraktionen von SPD und CDU nicht mittragen.
Hier zeigt sich sehr deutlich, was von dem „links-blinken“ der SPD zu erwarten ist. Die geplante besondere Beteiligung der Bürger bei der Besetzung des Verwaltungsrates des zu gründenden Stadtwerks wurde von dem Redner der SPD klein geredet. Auch die Ausrichtung des kommunalen Unternehmens auf die Versorgung der Bevölkerung, im Gegensatz zum Ziel der Profitmaximierung wurde als nicht wichtig gesehen. Es hieß vom Fraktionsvorsitzenden der SPD, dass der derzeitige Senat das schon regeln wird.
Der Koalition von CDU und SPD unter Eberhard Diepgen hatte in den 90igern Jahren mit massiver Privatisierungen der öffentlichen Daseinsvorsorge den privaten Konzerne erst die Möglichkeit geschaffen, sich auf Kosten der Berliner zu bereichern. Das sind die gleichen Parteien, die sich jetzt gegen eine Rekommunalisierung des von Strom- und Gasnetzen aussprechen.

3. Mündliche Anfragen

Die SPD-Fraktion fragte noch mal nach der Hörberatungsstelle in Neukölln und es gibt nach wie vor keine endgültige Zusage vom Senat und dem BA Friedrichshain-Kreuzberg zum Erhalt des Standortes in Britz. Für DIE LINKE fragte Marlis Fuhrmann nach „Stadtvillen mit Sozialwohnungen“ auf dem Tempelhofer Feld. Der Baustadtrat  zog sich auf die Aussage zurück, dass über die Art der Bebauung auf dem Tempelhofer Feld derzeit noch nichts gesagt werden könne.
Die Frage der Grünen zum dem Verteilen von sogenannten Schulhof-CDs der NPD konnte für die letzten beiden Jahre in Neukölln verneint werden. Für DIE LINKE fragte Erika Mourgues nach den Sprachdefizite in Neukölln bei der Einschulung. In der detaillierten Antwort der Bildungsstadträtin wurde gesagt, dass fast die Hälfte der Kinder mit Migrationshintergrund Schwierigkeiten bei der Einschulung haben. Bei den Kindern mit deutschen Sprachhintergrund hätten 13,7% der Kinder Auffälligkeiten.
Die zweite Mündliche Anfrage von Marlis Fuhrmann zur „Verkehrserschließung Tempelhofer Freiheit“ wurde vom BA ausgesprochen kurz und mit wenigen neuen Informationen beantwortet.

4. Kinderärztliche Versorgung auch an Feiertagen gewährleisten.

Diese zweimal verschobene Anfrage der LINKEN war die erste Große Anfrage, die in der März-Sitzung dran kam. Das Bezirksamt berichtete, dass es an den Freitagen zu 6 bis 8 Stunden Wartezeit gekommen war. Ursache war auch, dass eine Reihe von Kinderarzt-Praxen über vierzehn Tage geschlossen waren. Im ersten Redebeitrag nach Beantwortung durch das BA sprach Thomas Licher für die Fragesteller. In seinem Redebeitrag prangerte er das Versagen der der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) bei der Versorgung im Allgemeinen an und ging im konkreten Fall auf die Situation von kranken Kindern ein. Seit längerem ist der KV-Vorstand Berlin in erster Linie mit Bonuszahlungen für die eigene Klientel beschäftigt. Die KV kommt nach Meinung der LINKEN ihrem Versorgungsauftrag nicht nach. Dass zum Glück die meisten Kinder nicht schwer krank sind und sie auch von den Kinder- oder Hausärzten hätte versorgen können, wurde von Vertretern der CDU dazu verwendet, den besorgten Eltern die Schuld an den schlimmen Zuständen zu geben. Sie würden wegen ihrer vermeintlichen Unwissenheit über Kinderkrankheiten vorschnell in die Kindernotaufnahme kommen. Weiter würden von einzelnen Bezirksverordneten der Union mal wieder primitive Vorurteile gegen Menschen mit Migrationshintergrund und soziale Transferbezieher vorgebracht. Keine Eltern sitzen freiwillig an den Weihnachtsfeiertagen viele Stunden in der Notaufnahme des Krankenhauses Neukölln. Das geschieht ausschließlich aus Sorge um die Gesundheit ihrer kranken Kinder.
Dabei ist der Mangel an Kinderärzten nur die Spitze des Eisberges. Auch in anderen Bereichen fehlen in Neukölln Fachärzte wie zum Beispiel Augenärzte, Lungenfachärzte und Urologen. In der Vergangenheit sind vom Gesetzgeber die falschen Anreize gesetzt worden und jetzt tummeln sich die Fachärzte in den Bezirken mit vielen Privatpatienten. Da Berlin als eine Versorgungsregion gilt, handele es sich um keine Unterversorgung.
5. Beschwerdeverzicht (Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin gegen Buschkowsky)
In dem engagierten Redebeitrag hat Jochen Biedermann von den Grünen noch mal auf die Verschwendung von öffentlichen Mitteln des Bezirks Neukölln wegen der unnötigen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht hingewiesen. Hintergrund war die Klage des Tagesspiegels gegen den Bezirksbürgermeister, dass dieser die Mithilfe von Bezirksamtsmitarbeiter bei dem Buch „Neukölln ist überall“ offen legen soll. In erster Instanz war Buschkowsky vom Verwaltungsgericht Berlin verpflichtet worden, die Hilfe öffentlich zu machen und hatte Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Zur Vermeidung von unnötigen Prozesskosten sollte die Beschwerde zurückgezogen werden. Wegen der Verzögerungstaktik von SPD und CDU wurde der Punkt in der Februar Sitzung nicht mehr behandelt und das Verfahren nahm seinen Lauf. In der Zwischenzeit ist die Beschwerde vom Oberverwaltungsgericht abgewiesen worden und das Urteil ist rechtskräftig. Der Bürgermeister hatte von vier Mitarbeitern um Umfang von mehreren Hundert Stunden Hilfe beim Schreiben seines Buches bekommen. Bei den ca. 160 000 verkauften Exemplaren hat der Bürgermeister voraussichtlich 300 000 Euro zusätzlich verdient. Dem Bezirk hatte er 625 Euro für Nutzung von Büroräumen- und Inventar überwiesen.

6. 16,8 Mio. Euro für Neukölln nicht verwendet

Die Große Anfrage der LINKEN wurde mit einer sehr ähnlichen Anfrage von der SPD zum Jobcenter Neukölln zusammengefasst beantwortet. Im letzten Jahr hat das Jobcenter Neukölln 16,8 Mio. Euro in Nürnberg nicht abgerufen und für Qualifizierungsmaßnahmen von Neuköllnerinnen und Neuköllner verwendet. Das ist aus Sicht der LINKEN ein Skandal. Während die Leitung des Jobcenters sich ihres „Erfolges“ rühmt, ist jeder vierte Euro für die Neuköllnerinnen und Neuköllner nicht verwendet worden. Dafür sind die Verwaltungskosten in den letzten beiden Jahren überproportional gestiegen. Das mehr an Personal im Jobcenter hat möglicherweise zu einer Steigerung der Sanktionen geführt aber nicht zu mehr Arbeit für die Betroffenen. Die Leistungen für Erwerbslose sind 2012 in Neukölln um 1,3% gesunken. In Berlin lag die Senkung nur bei 0,1% und im Bundesdurchschnitt gab es sogar eine Steigerung um 0,9%.  Dabei stagniert die Zahl der Erwerbslosen im Bezirk und ist nur unwesentlich gesunken. Besonders bei den Jugendlichen unter 25 Jahren hat sich die Zahl im letzten Jahr nur wenig gesenkt. Aber auch in Neukölln gibt es nach wie vor kaum sinnvolle Hilfe für Langzeitarbeitslose. Grade hier wären Bildungsgutscheine über drei Jahre, die eine qualifizierte Berufsausbildung ermöglichen, dringend notwendig. Dafür hätte das Geld verwendet werden können. Stattdessen werden die für jugendliche Erwerbslose besonders wichtigen Einrichtungen im Jugendberatungshaus in der Glasower Straße 18 von der Schließung bedroht.
Es ist zu befürchten, dass es sich bei den vermeintlich gestiegenen Vermittlungszahlen des Jobcenters wahrscheinlich um ein „Drehtür-Effekt“ handelt und die Menschen nach kurzer Zeit wieder erwerbslos werden. Gerade aus diesen Gründen ist es wichtig, dass das Jobcenter das zur Verfügung stehende Geld vollständig für die Betroffenen verwendet.

7. Vorankündigung zur BVV-Sitzung am 24.04.13:

Die erste große Anfrage wird die Bebauung des Tempelhofer Feld zum Thema haben. Dazu gibt es einen Antrag der CDU für einen Bebauung und einen Ersetzungsantrag der LINKEN gegen einen Bebauung auf dem Tempelhofer Feld.


Thomas Licher