Bericht von der Bezirksverordnetenversammlung am 15.07.2015

Viele neue Wohnungen ohne soziale Zielsetzung geplant. Skandal um die Unterkunft in der Haarlemer Straße setzt sich fort.

Die BVV startete mit einer Einwohnerfrage zu den Spätverkaufsstellen in Neukölln. Seit einiger Zeit soll ein einzelner Polizist im Reuterkiez verstärkt die Einhaltung der Ladenöffnungszeiten kontrollieren und schon bei kleineren Verstößen sofort Anzeigen erstatten.  Das Bezirksamt befand sich in der Frage für nicht zuständig und verwies auf das Berliner Ladenöffnungsgesetz. Veränderungen zur Ausweitung der Öffnungszeiten können nur auf Landesebene erfolgen. DIE LINKE in der BVV ist keinesfalls für eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten und findet, dass an Sonntagen die Geschäfte geschlossen bleiben sollten. Aber bei Inhabergeführten Spätverkaufsstellen sollte eine gewisse Toleranz möglich sein. Tankstellen haben für die Sicherstellung der Benzinversorgung eine Ausnahme und dürfen an Sonntagen offen sein. Dabei bieten Tankstellen auch große Mengen von Alkohol an. DIE LINKE hatte die Mündliche Anfrage „Einschränkung der Spätverkäufe?“ gestellt. Leider konnte wegen Ablauf der Zeit die Fragen nicht behandelt und sie werden schriftlich beantwortet. 

Es gab eine besonders große Zahl von Mündlichen Anfragen. Die erste Mündliche Anfrage wurde von der SPD gestellt und beschäftigte sich mit „U-Bahn-Werbung für den Stadtrat“. Damit war eine Werbekampagne der Abteilung „Jugend und Gesundheit“ gemeint, wo der CDU-Stadtrat Liecke  mit einem großformatigen Foto von sich überwiegend in den Südneuköllner U-Bahnhöfen für die Präventionskette warb. Die über 10 000 Euro teure Kampagne wurde über Sachmittel der „Bundesinitiative Frühe Hilfen“ finanziert und warb fast ausschließlich in den Hochburgen der Union von Neukölln.  DIE LINKE findet es skandalös, wenn ein Stadtrat in erster Linie für sich selbst wirbt und dafür öffentliche Gelder verwendet, während gleichzeitig an allen Ecken gespart wird. Unter sachlichen Aspekten hätte mindestens gleichmäßig in Neukölln für frühe Hilfen geworben werden müssen. Der Stadtrat zeigte in einer überlangen Antwort kein Einsehen  und verspottete die Fragesteller. Wenn die BVV es wünsche, würde er im Rahmen der Mittelverfügbarkeit auch im Norden werben.

DIE LINKE fragte nach den Auswirkungen des Poststreiks auf den Jobcenter Neukölln. In der Antwort des BA hieß es, das wegen verspätet eingegangener Post und den daraus resultierenden Folgen keine Sanktionen vom Jobcenter Neukölln verhängt werden. Die Frage, ob Bezieher von Leistungen des Jobcenter Neukölln als „Streikbrecher“ eingesetzt werden, wurde eindeutig mit Nein beantwortet.

Der Antrag der LINKEN „Aufstellungsbeschluss für zwei soziale Erhaltungsgebiete“ wurde bei Enthaltung der SPD und gegen die Stimmen der CDU mit den Stimmen von Grünen, Piraten und LINKE beschlossen.  Als erstes wurde die Große Anfrage „Konsequenzen aus dem Prüfkatalog zur Senkung der HzE-Kosten“ behandelt. Obwohl die antragsstellende Fraktion SPD die Anfrage schriftlich beantwortet haben wollte, wurde sie auf Wunsch der CDU doch in der Sitzung behandelt. Das ist mehr als ungewöhnlich. Hier versuchte der CDU Stadtrat Liecke sich abermals mit einer mehr als überlangen Antwort zu profilieren. In der zehn Seiten langen Antwort versuchte der Stadtrat seine Verdienste hervorzuheben. Ein ganzer Teil der Bezirksverordneten zeigte deutlich Desinteresse. Es wurde vor allen diskutiert, wie weit der Stadtrat von den Verdienste seiner Vorgängerin profitiert hat und ob sich die finanzielle Situation sich in Berlin grundsätzlich gebessert hat und davon auch die Bezirke bedingt profitieren.

Die zweite Große Anfrage war von der Union und hatte „Verwahrlosungstendenzen in der Gropiusstadt“ zum Thema. Die CDU fragte nach Spritzenbestecken auf Spielplätze und richtete sich mal wieder gegen die sogenannten „Freilufttrinker“. Weiter sollten weitere Mülleimer in der Gropiusstadt aufgestellt werden. Die Antwort des Bezirksamtes war sehr klar. Auf den Spielplätzen der Gropiusstadt sind in den letzten Jahren keinerlei Spritzenbestecke gefunden worden. Mit der Anfrage versuchte die Union mal wieder Angst zu machen und der Alltagsrassismus kam deutlich zum Vorschein. Da war die Rede von verstärkten Zuzug von Migranten in die Gropiusstadt und das neuerdings der Müll aus dem Fenster geworfen werde. Obwohl Redner der CDU mehrfach das Wort ergriffen, wurde an keiner Stelle von den Rassistischen Äußerungen Abstand genommen.  Für DIE LINKE haben Christian Posselt und Thomas Licher das Wort ergriffen. In der Debatte setzte sich Thomas Licher für das Recht ein, in der Öffentlichkeit Alkohol zu sich zu nehmen und thematisierte die soziale Frage in dem Punkt. Auch Menschen, die keinen Garten haben und sich kein Lokal leisten können, sollen im Freien trinken können und dürfen. Von Christian Posselt wurde die Verunsicherung der Anwohner durch die Art der Fragestellung aufgezeigt.

Die nächste Große Anfrage der Grünen beschäftigte sich mit „Laufenden Bebauungsplanverfahren“. In der Antwort des Bezirksamts ging es um die Festlegung eines bestimmten Anteils von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum in neuen Bebauungsplänen. In Neukölln handelt es sich aktuell um ist für die Bebauungsplanverfahren XIV-286a („Emmauskirchhof West“) und XIV-108-1 („Fritz-Erler-Allee/Agnes-Straub-Weg“) wo die Anwendung des Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung geplant ist. Für den Bebauungsplan XIV-286a wird bezirklicherseits davon ausgegangen, dass entsprechend der aktuellen Leitlinien zum Berliner Modell ein Anteil von 25% für mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen zu erbringen ist. Für das Bebauungsplanverfahren 8-30 („Neuköllner Spaßbadruine Blub“) wurde auf die Anwendung des Berliner Modells nach vorheriger Durchführung einer Angemessenheitsprüfung verzichtet.  Für DIE LINKE hat Marlis Fuhrmann auf die Notwendigkeit zur Schaffung von preisgünstigem Wohnraum hingewiesen. Das auf preiswerte Wohnungen beim B-Plan zum Blub vom Bezirk verzichtet wurde, wurde sehr kontrovers gesehen und hinterfragt. 

Bei der Großen Anfrage der LINKEN ging es um die Frage des „Abriss der Flüchtlingsunterkunft in der Haarlemer Straße zum Jahresende?“ Nach dem das Gelände der Haarlemer Straße vor einiger Zeit an einen Luxemburger Immobilienfond verkauft wurde, steht der Weiterbetrieb der Flüchtlingsunterkunft in Frage. Das Thema wurde lang und intensiv diskutiert. Mit der Anfrage wurde der Antrag „Ankauf des Grundstücks an der Haarlemer Straße / II“ mitbehandelt. Für die LINKE hat Thomas Licher auf das politische Versagen von Sozialsenator Czaja und des ehemaligen Finanzsenators Nussbaum beim Rückkauf des Grundstücks hingewiesen. Jetzt droht die Schließung der Flüchtlingsunterkunft und 400 Menschen benötigen eine neue Bleibe. Zwar waren alle Fraktionen für den Fortbestand der Unterkunft, aber der Antrag für den Kauf der Unterkunft wurde auf Betreiben der SPD geändert, das der Kauf des Grundstücks nicht mehr vordringliches Ziel ist. Der Antrag wurde in stark abgeschwächter Form mit den Stimmen von SPD und CDU angenommen.  (Siehe auch die Presseerklärung der Fraktion DIE LINKE „Neuköllner Flüchtlingsunterkunft gefährdet?“  vom 16.07.2015)