DIE LINKE in der BVV Neukölln: Jahresrückblick 2016/17

Im Oktober 2016 nahm eine gestärkte Fraktion DIE LINKE mit sieben Bezirksverordneten ihre Arbeit auf. Die wichtigsten Themen und Erfolge im Überblick.

Im Oktober 2016 nahm eine gestärkte Fraktion DIE LINKE mit sieben Bezirksverordneten ihre Arbeit auf. Die wichtigsten Themen und Erfolge im Überblick.

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Antifaschismus und Kampf gegen rechts

Gegen den Einzug der rechtsnationalistischen Partei AfD protestierte die Fraktion der LINKEN von der ersten Sitzung an: Vor dem Rathaus regelmäßig auf gemeinsamen Kundgebungen mit antirassistischen und antifaschistischen Initiativen ebenso wie im Saal der BVV. Auf der konstituierenden Sitzung positionierten sich die Verordneten der LINKEN sowie einige Grüne mit T-Shirts mit der Aufschrift „FCK AFD“ und verweigerte die Wahl des AfD-Stadtrats. Seither stimmt DIE LINKE konsequent gegen alle Anträge der AfD.

Das Auftreten der AfD-Fraktion in der BVV bestätigte die schlimmsten Erwartungen, ihre Verordneten nutzen jede Gelegenheit, um rassistisch zu pöbeln und gegen Andersdenkende zu hetzen. Dagegen hat der „demokratische Konsens“ der LINKEN, der Grünen und der SPD, nicht auf die Provokationen der AfD einzugehen und ihre Anträge abzulehnen, weitgehend Bestand. Die Entschließung der Fraktion der LINKEN „Neukölln sagt Nein zu Rassismus – Neukölln bleibt weltoffen“ wurde von der BVV mehrheitlich verabschiedet.

Seit etwa anderthalb Jahren wird Neukölln von einer Welle rechter Gewalt erschüttert: Antifaschistinnen und engagierte Demokraten wurden Opfer von Drohungen und Anschlägen durch Nazis. Mehrfach wurde diese Bedrohung in der BVV zum Thema und der Bezirk erwirkte immerhin die erneute Einrichtung einer polizeilichen Ermittlungsgruppe Rechtsextremismus. Leider kann diese bisher keine Ermittlungserfolge aufweisen und kurz vor dem Gedenken an die Reichspogromnacht am 9. November wurden 16 Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus gestohlen. In einer beispiellosen Solidaritätsaktion der Neuköllnerinnen und Neuköllner wurde deutlich mehr Geld gesammelt, als für den Ersatz der Steine notwendig war. Auch die Fraktion DIE LINKE spendete zwei Steine. Im Dezember konnten die Stolpersteine neu verlegt werden.

Ein Erfolg der Fraktion der LINKEN ist die gärtnerische Herrichtung des Ehrengrabs des kommunistischen Widerstandskämpfers Werner Seelenbinder an dem nach ihm benannten Sportstadion.

Antidiskriminierung und Integration

Mit einer Kundgebung vor dem Rathaus und einem entsprechenden Antrag gegen die Umsetzung des diskriminierenden Neutralitätsgesetzes bezog DIE LINKE gegen antimuslimischen Rassismus und für die Rechte von Frauen Position.

Mit Anträgen und Anfragen setzte sich die Fraktion DIE LINKE dafür ein, dass endlich alle Geflüchteten in Neukölln aus den Notunterkünften mit teils menschenunwürdigen Zuständen, wie dem ehemaligen C&A-Gebäude, ausziehen können. Nach dem Umzug muss aber die Beschulung der Kinder und jungen Erwachsenen in ihren bisherigen Schulen sichergestellt werden. Für die Zukunft gilt es, sicherzustellen, dass die temporäre Unterkunft auf dem Tempelhofer Feld in absehbarer Zeit leergezogen und auch wirklich wieder abgebaut wird und nicht als Einfallstor für eine Bebauung dienen kann.

Soziale Gerechtigkeit

Das Jobcenter Neukölln ist bekannt für seinen besonders repressiven Umgang mit auf Transferleitungen angewiesenen Menschen – leider kann die Fraktion DIE LINKE hier nur wenig Einfluss nehmen, da das Jobcenter der Zuständigkeit des Bundes unterliegt. Deshalb war es ein besonders großer Erfolg, dass DIE LINKE eine Wiedereinführung der schriftlichen Bestätigung für persönlich abgegebene Unterlagen erreichen konnte. Diese Bestätigung hatte das Jobcenter ohne vorherige Ankündigung ab Oktober 2017 verweigert.

Der von der LINKEN dazu eingereichte Antrag wurde einstimmig angenommen und auch kurzfristig umgesetzt. Die Abgabebestätigung ist für die Betroffenen von immenser Wichtigkeit, da häufiger Unterlagen innerhalb des Jobcenters verloren gehen und diese Abgabebestätigung deshalb der einzige Nachweis für die Erfüllung der Mitwirkungspflicht ist, zumal immer noch ein Drittel aller Bescheide fehlerhaft sind. Seit der Gesetzesänderung im SGB II zum 01. August 2016 kann bereits fahrlässiges Versäumnis zu Bußgeldern bis zu 5.000 Euro, sowie hohen Rückforderungen oder Schadensersatz führen.

Verbesserung der Bürgerdienste

DIE LINKE fordert mehr Personal für die Bürgerdienste, um die langen Wartezeiten auf den Ämtern zu verringern. Besonders lang waren bisher die Bearbeitungszeiten für die Wohnberechtigungsscheine. Hier konnte DIE LINKE entscheidende Verbesserungen durchsetzen: Ein Antrag auf schnellere Bearbeitung wurde in der BVV einstimmig angenommen und soll noch im Frühjahr 2018 durch die Einstellung zweier neuer Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter umgesetzt werden.

Gegen steigende Mieten und Verdrängung

Die stark steigenden Mieten, die viele Menschen kaum oder nicht mehr zahlen können, sind eines der größten Probleme in Neukölln. DIE LINKE unterstützt Mieterinnen und Mieter, die sich dagegen wehren. Hilfreich ist dabei, dass durch den Vorsitz im Ausschuss Stadtentwicklung und Wohnen Themen gesetzt und Mieterinnen und Mietern im Rathaus Gehör verschafft werden kann. Zwei Beispiele sind die Friedelstraße 54 mit dem Kiezladen oder die Häuser Maybachufer 40-42/ Manitiusstr. 17-19. Während im Fall des Kiezladens aufgrund der Verweigerung aller anderen Parteien die Bemühungen um einen Ersatzstandort erfolglos blieben, gibt es beim Maybachufer noch Hoffnung. Der Plan des dortigen Investors, die Mieten nach Auslaufen der Sozialbindung durch Umlage fiktiver Zinsen um 2,50 Euro pro Qm zu erhöhen, ist allseits auf Widerstand gestoßen. Derzeit läuft ein Prozess gegen den Investor. Vorläufig haben Bezirk und Senat in Aussicht gestellt, die Mieterhöhung für Mieterinnen und Mieter mit Wohnberechtigungsschein zu übernehmen. Die Fraktion DIE LINKE fordert eine Lösung, die allen Mieterinnen und Mietern den dauerhaften Verbleib in den 100 Wohnungen ermöglicht. Zudem muss endlich eine Gesetzesänderung beschlossen werden, die solche unredliche Profitmacherei mit altem sozialen Wohnungsbau unterbindet.

Für den Umgang mit asbestbelasteten Wohnhäusern in Großsiedlungen konnte ein Antrag auf Schadenserfassung durch den Senat vordringlich in der Weißen Siedlung durchgesetzt werden.

In Nord-Neukölln leiden die Anwohnenden unter Belastungen durch den zunehmenden Tourismus; die Schließung des Hostels „Foxhole“ war ein erster Erfolg ihres Widerstands dagegen. Um weitere Hotelneubauten und die Verdrängung von Anwohnenden und Kleingewerbe zu verhindern, braucht es ein sozialverträgliches und mit den Anwohnenden entwickeltes bezirkliches Tourismuskonzept.

Bau von Sozialwohnungen

Neukölln braucht bezahlbare Neubauwohnungen. Auf Initiative der Bausenatorin der LINKEN müssen kommunale Wohnungsbaugesellschaften zukünftig mindestens fünfzig Prozent Sozialwohnungen bauen. In Neukölln betrifft dies zum Beispiel die Buckower Felder, wo 900 Wohnungen entstehen sollen. Hier muss der Sozialwohnungsanteil gegen die Neuköllner SPD und CDU durchgesetzt werden, die sich eine Ausnahmeregelung erhoffen.

Kehrtwende in der Neuköllner Drogenpolitik

Was vor sieben Jahren noch politisch unmöglich war, ist jetzt Realität geworden. Damals hatte DIE LINKE bereits ein Drogenmobil auf dem Hermannplatz gefordert. Stattdessen wurde die Drogenszene durch massive Polizeipräsenz verdrängt und verlagerte sich entlang der U-Bahn-Linien zu den S-Bahnhöfen Sonnenallee, Neukölln und Hermannstraße. Beschwerden der Anwohnenden aufgrund von konsumbezogenen Verhaltensweisen häuften sich. Im März 2017 forderte die Fraktion die Einrichtung eines Drogenkonsum- und Beratungsangebots. Im Mai reagierte das Bezirksamt mit eine mobilen Konsum- und Beratungsangebot in der Karl-Marx-Straße Ecke Kirchhofstraße und flankierender Drogensozialarbeit. Allerdings mit stark eingeschränkten Standzeiten von 12 Stunden die Woche. Die Fraktion forderte die Ausweitung der Standzeiten.

Permanente Bedrohung der öffentlichen Jugendarbeit

Im Mai 2017 stellte das Jugendamt sein Konzept Jugendarbeit in Neukölln vor: drei Neuköllner Jugendclubs sollen an freie Träger übergeben werden. Versüßt werden diese Sparmaßnahmen durch die Übernahme von extern geförderten Projekten in die Regelfinanzierung. Einer wünschenswerten Vergrößerung des Etats für die freie Jugendarbeit stehen damit Einsparungen bei der öffentlichen Jugendarbeit gegenüber. Die Fraktion kritisierte diese Politik des Rückzugs aus der öffentlichen Jugendarbeit.

Was es bedeutet, wenn Jugendarbeit nicht in öffentlichen Gebäuden stattfindet, kann derzeit gehäuft beobachtet werden. Zum Jahresende wurden dem Mädchentreff Schilleria und dem Jugendclub Sunshine Inn die Räumlichkeiten gekündigt. Die Fraktion setzte sich für den Erhalt der Einrichtungen ein und forderte den Ankauf der Räumlichkeiten bzw. die Übernahme der Mietsteigerung durch das Bezirksamt.

Keine Privatisierung beim Schulbau

Dass der Senat für die Sanierung von Schulen verstärkt Finanzmittel bereitstellt, ist dringend notwendig. Laut der Antwort auf eine große Anfrage der LINKEN vom Sommer 2016 beläuft sich in Neukölln der Bedarf für die Sanierung und den behindertengerechten Umbau der 65 Neuköllner Schulen auf 480 Mio Euro. Die Fraktion DIE LINKE hat sich vehement gegen eine privatwirtschaftliche Lösung und für starke bezirklichen Kompetenzen eingesetzt. Vor der Sommerpause 2017 brachte sie das Thema in die BVV ein. Einem folgenden Antrag der SPD gegen bezirkliche Schulsanierungs-GmbHs stimmten alle Fraktionen mit Ausnahme der FDP zu. Nun wird es stattdessen eine überbezirkliche Zusammenarbeit in drei Verbünden geben.

In der November-BVV wurde zudem eine Entschließung der LINKEN „Keine Privatisierung beim Schulbau“ beschlossen, die sich gegen die Auslagerung des Schulneubaus an eine Tochter der HoWoGe ausspricht.

Mehr Inklusion an Gymnasien

Die Fraktion DIE LINKE setzt sich für die Förderung von Inklusion an Gymnasien ein. Derzeit werden nur elf der 571 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf an Neuköllner Gymnasien beschult, während die Hauptleistung der Inklusion die ISS/Gemeinschaftsschulen erbringen.

Bessere Bedingungen für den Fahrradverkehr

Zusammen mit dem Netzwerk „Fahrradfreundliches Neukölln“ hat sich DIE LINKE für eine Verbesserung der Radverkehrssituation in Neukölln eingesetzt.

Vernetzung mit Neuköllner Initiativen – Frühjahrsempfang

DIE LINKE möchte Politik nicht nur für, sondern vor allem zusammen mit den Neuköllnerinnen und Neuköllnern machen. Dass sie dabei auf einem guten Weg ist, zeigte sich nicht zuletzt beim Frühjahrsempfang der Fraktion am 12. Mai 2017, dem „Tag der Pflege“. Redebeiträge gab es von Kolleginnen aus dem Neuköllner Krankenhaus, Vertreterinnen von THF100%, der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus MBR, der Initiative für einen Gedenkort für Burak Bektaş, den Ini EmserianerInnen und dem DGB Neukölln sowie von Gregor Gysi. Unter den Gästen befanden sich viele weitere Vertreterinnen und Vertreter Neuköllner Initiativen und Organisationen und Mitglieder der LINKEN, die miteinander ins Gespräch kamen.

Bezirkshaushalt 2018/19: Mehr Geld und andere Schwerpunkte gefordert

Der am 20. September 2017 verabschiedete Neuköllner Doppelhaushalt ist pro Jahr um fast hundert Mio Euro angewachsen – unter dem neuen Senat hat die fatale Spar- und Personalabbaupolitik der letzten Jahre hoffentlich ein Ende. In Neukölln ist die Zahl der Beschäftigten des Bezirks auf fast 2000 gestiegen. Allerdings müssen die vor allem den Mehrbedarf der „wachsenden Stadt“ bewältigen und die spürbaren Verbesserungen, zum Beispiel bei den Bürgerdiensten, sind immer noch zu wenig.

Ebenso bleibt der Spielraum des Bezirks weiterhin sehr klein: Nur über 4,1 Mio Euro kann tatsächlich in Neukölln entschieden werden. Hier setzte das Bezirksamt die falschen Prioritäten. So werden zum Beispiel 50.000 Euro jährlich für eine wirkungslose Anti-Müll-Kampagne ausgegeben, anstatt, wie von der LINKEN beantragt, das Angebot der Drogenberatung auzuweiten.

Wegen der falschen politischen Schwerpunktsetzung hat DIE LINKE den neuen Doppelhaushalt abgelehnt.

Benachteiligung in den Ausschüssen

Bei der Sitzverteilung in den Ausschüssen wurde DIE LINKE als kleinste Fraktion stark benachteiligt. Der von SPD, CDU und Grünen zum Vorteil der großen Fraktionen beschlossene Verteilerschlüssel billigt der LINKEN nur jeweils ein Ausschussmitglied zu. Da auf juristischem Wege keine gerechtere Sitzverteilung erwirkt werden konnte, versuchen die Verordneten der LINKEN nun, ihren zahlenmäßigen Nachteil durch starkes Engagement wettzumachen.

Austritt einer Verordneten

Ohne Anlass wechselte plötzlich und unerwartet die ehemalige bildungspolitische Sprecherin Marina Reichenbachs am 1. Dezember zur SPD und nahm das Mandat von der Liste der LINKEN mit. In einer von Widersprüchen geprägten Begründung machte sie falsche Behauptungen und diffamierte die engagierte Arbeit der Fraktion der LINKEN.

DIE LINKE fordert Frau Reichenbach auf, als Demokratin den Willen der Wählerinnen und Wähler zu respektieren und das Mandat der LINKEN zurückzugeben.

Wechsel in der Fraktionsgeschäftsführung

Nach sechs Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit hat Moritz Wittler am 30. Oktober 2017 seine Tätigkeit als Fraktionsgeschäftsführer beendet. Mit seiner Arbeit leistete er einen großen Beitrag zum Erfolg der LINKEN in der BVV Neukölln, der bei den Wahlen 2016 auch von den Wählerinnen und Wählern honoriert wurde. Für seine engagierte Tätigkeit möchte sich die Fraktion herzlich bedanken.

Für die neue Geschäftsführung konnte die Fraktion die Genossin Maya Eckes und den Genossen Michael Stöckel gewinnen, die die erfolgreiche Arbeit für die Fraktion fortsetzen werden.

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Ansprechpartner und Kontakt

Thomas Licher, Fraktionsvorsitzender, Sprecher für Haushalts- und Finanzpolitik
thomas.licher@die-linke-neukoelln.de

Doris Hammer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, sozialpolitische Sprecherin
doris.hammer@die-linke-neukoelln.de

Marlis Fuhrmann, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Sprecherin für Wohnungs- und Stadtplanungspolitik, Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen in der BVV Neukölln
marlis.fuhrmann@die-linke-neukoelln.de

Ahmed Abed, Sprecher für Bildung, Integration und Sport
ahmed.abed@die-linke-neukoelln.de

Tony Pohl, Sprecher für Gesundheits- und Jugendpolitik
tony.pohl@die-linke-neukoelln.de

Carla Aßmann, Sprecherin für Umweltpolitik
carla.assmann@die-linke-neukoelln.de

Maya Eckes, Fraktionsgeschäftsführerin

Michael Stöckel, Fraktionsgeschäftsführer
fraktion@die-linke-neukoelln.de