Gesinnungsschnüffelei statt gemeinsamer Kampf für Toleranz und gegen Rechts

Carla Aßmann
Demokratie und BürgerbeteiligungRechtsextremismus

Mündliche Anfrage

1. Wie bewertet das Bezirksamt Neukölln am heutigen „Internationalen Tag gegen Rassismus“ die Arbeit des „Bündnis Neukölln“ und wird es, wie im letzten Jahr durch die damalige Bürgermeisterin und heutigen Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey, das Festival „Offenes Neukölln“ vom 1.6. bis 3.6.18 zum Beispiel wieder durch die Übernahme der Schirmherrschaft unterstützen?

Das Bezirksamt schätzt die Arbeit des Bündnis Neukölln sehr und hat dies vielfältig zum Ausdruck gebracht. Noch lieber wäre es ihm allerdings, wenn dessen Engagement nicht mehr erforderlich wäre. Hiervon kann leider angesichts der 125 rechtsextrem motivierten Straftaten im Jahr 2017 keine Rede sein. Erinnert sei etwa an die Brandanschläge auf engagierte Antifaschist*innen oder das Ausgraben von 16 Stolpersteinen. Eine Kundgebung des Bündnis Neukölln gegen die beiden bisher – und hoffentlich dauerhaft – letzten Brandanschläge wurde von der damaligen Bezirksbürgermeisterin, mir selbst als Mitglieder des Bezirksamtes sowie von Vertreter*innen der Fraktionen von SPD, Grünen und Linken besucht.

Es trifft zu, dass die damalige Bezirksbürgermeisterin an der Eröffnung des Festivals „Offenes Neukölln“ am 14. Juli des letzten Jahres teilgenommen hat. Allerdings war sie nicht die Schirmherrin des Festivals. Entsprechende Anfragen wurden auch weder im letzten noch bisher im laufenden Jahr an das Bezirksamt herangetragen.

2. Wie steht das Bezirksamt zu der Verweigerung der Auszeichnung in Höhe von 3000,-Euro für die vorbildliche Arbeit des Bündnisses in Neukölln durch die Bundesregierung und hält das Bezirksamt es für sinnvoll, dass die Menschen in Neukölln, die sich für Toleranz und gegen Nazis einsetzen, erst durch einen „Gesinnungs-TÜV“ müssen oder ist das ein katastrophales Zeichen an die engagierte Zivilgesellschaft in Neukölln und anderswo?

Das Bezirksamt hat eine hierzu bekannt uneinheitliche Meinung. Ich persönlich bin der Meinung, dass das Bündnis Neukölln die Auszeichnung mehr als verdient hätte. Angesichts der enormen Kraftanstrengung, die die Organisation eines Festivals in dieser Größenordnung bedeutet, halte ich darüber hinaus auch die angeführte Begründung, das Preisgeld könnte extremistischen Gruppen zu Gute kommen für unbegründet. Ich selbst habe beim letztjährigen Festival mehrere Veranstaltungen besucht und mich über die Vielfalt und den breit getragenen und bunten zivilgesellschaftlichen Protest gegen rechtsextremistisches Gedankengut sehr gefreut.

Da das Bezirksamt seit heute in neuer Zusammensetzung besteht, bitte ich neben dieser persönlichen Bemerkungen um Nachsicht, dass die genauen Hintergründe und etwaige Konsequenzen auf die Entscheidung des Bundes zunächst im Bezirksamtkollegium zu diskutieren sein werden.