Verkehrskonzept für Neukölln – viele „Baustellen“ und kein Plan?

Marlis Fuhrmann
Haushalt und Finanzen

Große Anfrage

1. Gibt es ein Verkehrskonzept zur zukunftsfähigen Mobilität für Neukölln, in dem die verkehrlichen Aufgabenstellungen unter Berücksichtigung der verschiedenen Verkehrsteilnehmer zusammengeführt werden oder nicht auf einander bezogene Einzelmaßnahmen?

 

Für Neukölln gibt es bislang eine Verkehrskonzeption für den Radverkehr. Dieses Konzept sieht vor, den Radverkehr durch den Ausbau von Routen schwerpunktmäßig in Nord- Neukölln zu stärken. Diesbezügliche Straßenbaumaßnahmen wie zum Beispiel aktuell der Umbau der Innstraße oder der Friedelstraße sind Bestandteile dieser Routenkonzep- tion und nicht etwa zufällige Einzelmaßnahmen, wie es in der Anfrage unterstellt wird. Soweit erforderlich, werden im Zuge dieser Umbaumaßnahmen immer Aspekte der För- derung des Fußverkehrs berücksichtigt, indem zum Beispiel an Kreuzungen und Einmün- dungen Querungshilfen gebaut werden. Ein weiterer Bestandteil dieser Konzeption ist der Ausbau von Abstellmöglichkeiten für Räder, um dem stetig ansteigenden Radverkehrs- anteil gerecht zu werden. Soweit Fahrradparken auf Fahrbahnen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beträgt, dienen diese Maßnahmen gleichzeitig der Förderung des Fußverkehrs.

Ein integratives Verkehrskonzept auf Ebene des Bezirks unter Berücksichtigung aller Ver- kehrsträger (ÖPNV, Radverkehr. Fußverkehr, Wirtschaftsverkehr und Individualverkehr) gibt es bislang nicht, da diese verkehrskonzeptionellen Überlegungen auf der übergeordneten Ebene des Stadtentwicklungsplans Verkehr abgedeckt werden. Mithin fehlt dem Bezirk auch die Zuständigkeit für großräumige, integrative und verkehrsnetzbezogene Betrachtungen, da diese der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz vorbehalten sind. Die Umgestaltung von Querschnitten der Hauptverkehrsstraßen (z.B. Sonnenallee und Hermannstraße) zu Gunsten umweltfreundlicher Verkehrsmittel - als ein wesentlicher Bestandteil eines solchen Mobilitätskonzeptes - ist ebenfalls eine Vorbehalts- aufgabe der Senatsverwaltung, zumal Leistungsfähigkeitsbetrachtungen von Straßennetzen nicht an Bezirksgrenzen enden.

2. Wie funktioniert der bereits fertiggestellte Abschnitt der Karl-Marx-Straße (Zuordnung Anteile Straßenraum für Fußgänger, Fahrrad- u. Autoverkehr u. dessen Einhaltung) und führt dies ggf. zur Überarbeitung der stockenden Planung für die beiden anderen Ausfallstraßen Hermannstraße und Sonnenallee?

Die bislang fertiggestellten Abschnitte der Karl-Marx-Straße funktionieren hinsichtlich des Verkehrsflusses zufriedenstellend im Vergleich zur Verkehrssituation vor den Umbaumaßnahmen. Fußgänger und Radfahrer haben durch die Neugestaltung des Straßenquerschnittes grundsätzlich mehr Raum zur Verfügung. Der Straßenraum wurde übersichtlicher gestaltet, es gibt mehr gesicherte Querungsmöglichkeiten für Fußgänger und mehr Platz durch verbreiterte Gehwege, was dem Ziel der städtebaulichen Aufwertung des Straßenraumes durch Steigerung der Aufenthaltsqualität entspricht.

Für die Hermannstraße hat der Bezirk im Zusammenwirken mit der Senatsverwaltung eine Vorplanung (Studie) für die Einrichtung von Radverkehrsanlagen in Auftrag gegeben. Betrachtungen für die Sonnenallee machen zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn, da die Ergebnisse des Planfeststellungsverfahrens zur Führung der Straßenbahnlinie M 10 abzuwarten sind.

3. Welche Auswirkungen hat die Planung einer potenziellen Straßenbahntrasse auf die bisherigen Vorhaben bezügl. Sonnenallee, Hermannplatz und Hasenheide (protected bike lanes)?

Die Voruntersuchungen von möglichen Korridoren für die Straßenbahnlinie M 10 haben erst kürzlich begonnen. Insofern hat die Senatsverwaltung die Planungen für den Hermannplatz zurückgestellt, da abgewartet werden muss, wie die zukünftige Trassenführung der M 10 gestaltet wird. Gleiches gilt auch für die Sonnenallee.

Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wird noch in diesem Jahr damit beginnen, einen geschützten Radstreifen in der Hasenheide vom Südstern in Richtung Hermannplatz einzurichten. Weitergehende Planungen zu Straße Hasenheide sind hier nicht bekannt. In Fortsetzung dieser Maßnahmen werden durch das Bezirksamt die Planungen für den nördlichen Abschnitt der Karl-Marx-Straße zwischen Hermannplatz und Weichselstraße zur Einrichtung von Radverkehrsanlagen in Kombination aus „klassischen“ Radstreifen undgeschützten Radstreifen (protected bike lane) weitergeführt. Ein Baubeginn wird für die- ses Jahr angestrebt.

4. Gibt es eine Definition der Ziele, die durch eine potenzielle Parkraumbewirtschaftung erreicht werden sollen und ist diese dafür das geeignete Instrument?

Ziele bzw. Vorgaben zur Einführung einer Parkraumbewirtschaftung sind zum einen die Reduzierung des Parkraumdrucks sowie die Aufhebung der Konkurrenzsituation bzw. Optimierung der Verteilung zwischen den verschiedenen Nutzergruppen um die knappen Stellplätze.

Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen haben ihre Grundlage im Straßenverkehrsrecht, d.h., es muss eine verkehrliche Notwendigkeit in einem bestimmten Gebiet nachgewiesen und begründet werden, bevor es zu einer Umsetzung bzw. Einführung der Maßnahmen kommen kann. Der Nachweis dieser verkehrlichen Notwendigkeit wird durch eine Untersuchung der genannten Faktoren - hoher Parkraumdruck und Konkurrenz zwischen den einzelnen Nutzergruppen - über ein extern zu beauftragendes Verkehrsgutachterbüro in einem bestimmten Gebiet erbracht.

In Folge des Gutachtens werden dann im Rahmen der Machbarkeitsstudie auch Aussagen zu der konkreten Gebietsempfehlung, der Auslastung, der Kontrollfrequenz und dem Personalbedarf getroffen.