Zwischenerfolg bei Dokumentation von Räumungsverfahren

In 2023 gab es im Gerichtsbezirk Neukölln 359 Räumungsklagen wegen Mietschulden. Rechnerisch ging damit an jedem Tag ein Antrag auf Erteilung eines Räumungstitels beim Amtsgericht Neukölln ein. Das wissen wir, weil die Amtsgerichte die Bezirksämter qua Mitteilung in Zivilsachen (MiZi) über eingehende Räumungsklagen bei Mietschulden informieren müssen. Wie vielen Räumungsklagen recht gegeben wird und wie viele tatsächlich vollstreckt werden, darüber herrscht keine Auskunftspflicht. Und anders als in Steglitz-Zehlendorf, Marzahn-Hellersdorf und Pankow gibt das Amtsgericht Neukölln bisher von sich aus keine Auskunft über erteilte Räumungstitel.

Wir wollen das ändern. Denn wir finden, dass die Gesellschaft wissen muss, wie viele Familien ihre Wohnungen verlieren, weil sie sich die Miete nicht leisten können. Und wir wollen besser beurteilen können, wie gut das Hilfesystem funktioniert.

Neukölln ist Vorreiter bei der aufsuchenden Sozialarbeit im Fall von Räumungsklagen. Ein Großteil der Räumungstitel beruht auf Versäumnisurteilen. Das wissen wir aus den Bezirken, in denen die Räumungstitel erfasst werden. Von einem Versäumnisurteil spricht man wenn die beklagte Mietpartei nicht auf die Räumungsklage reagiert und nicht zum Termin beim Amtsgericht erscheint. In dem Fall kann die beklagte Mietpartei ihren Standpunkt nicht darstellen, sodass das Urteil einzig dem Vortrag des klagenden Eigentümers folgt.

Das Wohnraumpräventionsteam der Sozialen Wohnhilfe in Neukölln ist daher dazu übergegangen, räumungsbedrohte Mietparteien zuhause zu besuchen, wenn sie auf die Anschreiben nicht reagieren. Häufig kann erst so über die drohende Räumung und eventuelle Abhilfe aufgeklärt werden. Bestenfalls führt die aufsuchende Arbeit des Wohnraumpräventionsteams dazu, dass keine Versäumnisurteile mehr gefällt werden und die Zahl der Räumungstitel und Zwangsräumungen zurückgeht.

Dennoch wurden in 2023 202 Zwangsräumungen terminlich festgesetzt. Wie viele davon durch Versäumnisurteile zustande gekommen sind, wissen wir nicht.

Wir haben deshalb beantragt, dass das Bezirksamt sich beim Amtsgericht Neukölln dafür einsetzt, die Anzahl an Räumungstitel und Versäumnisurteilen sowie die Anzahl der vollstreckten Zwangsräumungen zu erfassen. Unser Antrag wurde in der letzten Sitzung der BVV Neukölln einstimmig angenommen.